AAPL-KleinaktionĂ€re geben sich gern dem Wunschdenken hin, dass die Ab- oder Anwesenheit von Steve Jobs keine Rolle spielt und Apple lĂ€ngst ein SelbstlĂ€ufer ist. Schon ein Blick auf jene Personen, die immer wieder als Jobs-Nachfolger gehandelt werden, reicht allerdings, um mit Skepsis zu reagieren. Teil 4 einer kleinen Reihe ĂŒber die AnwĂ€rter auf die Jobs-Nachfolge widmet sich Philip W. Schiller, einem zwar strategisch agierenden, dennoch aber gemĂŒtlich wirkenden Manager.
Als Steve Jobs sich einer BauchspeicheldrĂŒsenkrebs-Behandlung unterzog und er deswegen die Keynote zur Apple Expo im September 2004 in Paris nicht halten konnte, vertrat ihn erstmals vollstĂ€ndig Phil Schiller. Und der zuvor eher selten prominent in die Ăffentlichkeit getretene Marketing-Chef schlug sich weit besser als befĂŒrchtet, die Keynote wurde nicht nur dank der Vorstellung des neuen iMac G5 ein Erfolg, Schiller konnte als Redner ĂŒberzeugen â es gab den ĂŒblichen Beifall, keine peinlichen Pausen, keine Buhrufe. Seither ersetzt oder ergĂ€nzt Schiller Jobs zu zahlreichen Gelegenheiten, seine Auftritte gehören mittlerweile zum festen Bestandteil von Produktneuvorstellungen.
Schiller, der bei Apple den Titel des Senior-VizeprĂ€sidenten fĂŒr das weltweite Marketing trĂ€gt und damit verantwortlich fĂŒr den Verkauf der gesamten Produktpalette ist, kann ĂŒber 27 Jahre Erfahrung in diesem Bereich zurĂŒckblicken, die er unter anderem bei Unternehmen wie Macromedia, FirePower Systems und Nolan, Norton & Company sammelte. Er gehört mittlerweile zu den Apple-GroĂverdienern und konnte laut Forbes im Jahr 2006 eine finanzielle AufwandsentschĂ€digung von gut acht Millionen Euro verbuchen.
Der Absolvent der Jesuiten-ForschungsuniversitĂ€t Boston College (Bachelor of Science im Studiengang Biologie sowie begonnener aber nicht vollendeter Ph.D in Englisch) ist nach Steve Jobs hĂ€ufigster Stellvertreter Apples bei verschiedenen Medienauftritten, auch wenn dies natĂŒrlich kaum etwas am spĂ€rlichen Inhalt jener Interviews sowie dem allgemeinen PR-Problem des Herstellers Ă€ndert.
Schillers berufliche Vergangenheit als Marketing-Direktor bei FirePower Systems ist insofern interessant, als dass es sich dabei um ein Unternehmen handelte, das 1993 aus einer Zusammenarbeit von Canon und ehemaligen NeXT-Mitarbeitern hervorging, just als NeXT sich entschlossen hatte, keine eigenen Computer mehr fertigen zu wollen. Canon gehörte ebenfalls zu den NeXT-Investoren und war der Hersteller des damals fast schon berĂŒhmten 400-dpi-Laserdruckers von NeXT. FirePower Systems stellte Computer auf Basis der PPC-Plattform her und war lange Zeit HoffnungstrĂ€ger auch fĂŒr NeXT-Anwender, die sich von FirePower einen neuen Hardware-Hafen fĂŒr NEXTSTEP erhofft hatten, wozu es jedoch niemals kam. Im Juli 1996 wurde FirePower von Motorola ĂŒbernommen, im Dezember 1996 folgte die Ăbernahme von NeXT durch Apple.
Aufschlussreich könnte die ĂuĂerung Schillers in einem Interview zum Thema iPhone-Applikationen aus dem Jahre 2007 sein, in dem er noch vehement die Entscheidung Apples vereidigt, ausschlieĂlich auf Web 2.0-Applikationen zu setzen. Sie hĂ€tten ein groĂes Potenzial und man arbeite intensiv daran, Entwickler dafĂŒr zu begeistern. Wer dies nun in Zusammenhang mit den jĂŒngsten GerĂŒchten zu speicherarmen Mini-iPhones sieht, könnte den damaligen Satz Schillers fast schon als prophetisch empfinden, sollte sich ein iPhone-Zweig zu einer Art mobilem Netzcomputer fĂŒr die Hosentasche entwickeln â etwas, womit Larry Ellison, Ex-Mitglied des Apple-Vorstands, wohl auch in seinen kĂŒhnsten TrĂ€umen nicht gerechnet hĂ€tte.
Wie Forstall und Ive gehört der fĂŒnfzigjĂ€hrige Schiller trotz langjĂ€hriger IT-Karriere immer noch zur jĂŒngeren FĂŒhrungsriege des Konzerns und ist damit automatisch einer der wahrscheinlicheren Kandidaten fĂŒr die Jobs-Nachfolge.
David Andel