Die Luftlinie von Berlin nach Moskau ist keine 2000 Kilometer lang, die Ă€uĂerste Ostgrenze der USA jedoch zumindest 5000 Kilometer von der Ă€uĂersten Westgrenze Europas entfernt und dennoch beherrschen die Ereignisse dieses kulturell wie politisch völlig andersartigen Landes unsere zunehmend weniger massenhaften Medien.
Immerhin, die Zeiten, in denen es fast jede US-amerikanische Schlechtwetterfront auf die Titelseiten europĂ€ischer Postillen brachte, sind lange vorbei. Es mag zwar noch der Fall sein, dass uns der eine oder andere Film- und TV-Torrent aus âGottes eigenem Landâ effekthascherisch vom Schlaf abhĂ€lt â alles andere von dort drĂŒben hat aber das HöchstmaĂ an Bedeutungslosigkeit lĂ€ngst hoffnungslos ĂŒberschritten, so auch Hair-Hopper Trump, 45. HĂ€uptling des Sternenbanners.
Hervorstechendes Merkmal des 44. PrĂ€sidenten war dessen Hautfarbe â ansonsten war er ein hĂŒbsches Nichts, woran auch sĂ€mtliche Vorschuss- und Fazitlorbeeren nichts Ă€ndern konnten. Sein VorgĂ€nger Nummer 43 war der vom SĂ€ufer-Saulus zum Kreuzzug-Paulus gewordene SpĂ€t-Halbstarke mit primitivem Gesichtsausdruck, der mittels schlechter LĂŒgenmĂ€rchen Krieg fĂŒhrte und uns EuropĂ€ern damit unter anderem Rechnungen wie die Attentate in BrĂŒssel und Paris sowie eine Armada aggressiver Mittelklasse-Spione bescherte. Clinton-Lewinsky (Nummer 42) vermachte US-BĂŒrgern und infolge dessen auch deren bedingungslosen MitlĂ€ufern dank abgeschaffter Glass-Steagall-Gesetze eine bis heute anhaltende Banken- und Finanzkrise, die noch etliche Generationen teuer zu stehen kommen dĂŒrfte. Clinton-Lewinskys VorgĂ€nger Nummer 41, Vater des âkleinenâ und dummen Bushs, sah Diktaturen nur dort, wo sie den US-GeschĂ€ftsinteressen im Wege standen â das Tianâanmen-Massaker scherte ihn daher einen feuchten Kehricht, die von Kuwait beauftragten PR-MaĂnahmen der New Yorker Agentur Hill & Knowlton waren ihm hingegen jedes Menschenopfer im ölgesĂ€ttigten Irak wert. Nummer 40 schlieĂlich, eine talentfreie Leinwandseuche names Reagan, lĂ€utete jene Politik ein, die uns bis heute dieses groĂartige Leben beschert: Geldvampirismus ĂŒber alles.
Wem angesichts dieser menschheitsbeschĂ€menden Rangfolge bestenfalls absonderlicher Polit-Clowns nun eine scheinemanzipierte Farce wie âKillaryâ Clinton fehlt, der sollte nicht trauern, da die baldige Freihandelszone Kleinbritannien schon dutzendweise neue parlamentarische Parasiten produziert hat. Fast ist es da ein Jammer, dass der ewig dĂ€mlich grinsende Boris Johnson seine US-StaatsbĂŒrgerschaft aus finanziellen GrĂŒnden zurĂŒckgegeben hat, wĂ€re er doch ein ganz groĂartiger weiterer US-PrĂ€sidialkomiker geworden â Friedensnobelpreis fĂŒr seine besonderen Leistungen in Saudi-Arabien selbstverstĂ€ndlich inklusive.
Jene Masse menschlichen Leerguts, die sich nun am allermeisten ĂŒber Trump echauffiert, entspringt dem bizarren Verbund mental ergreister Transatlantik-Extremisten, die den US-amerikanischen Alptraum nicht nur vergötzt, sondern ihn am liebsten auch in Europa erlitten sĂ€he. Politische Korrektheit als verbale Vernichtungsmaschine, ParvenĂŒ-kompatible PressezĂ€pfchen, undurchdringliche Anti-Armutsmauern, kleine und groĂe UN-inkompatible Todesspiele ĂŒberall, besonders gerne mit effizienten KollateralschĂ€den. Und selbstverstĂ€ndlich auch eine entrechtete und zu Tode amĂŒsierte WĂ€hlerunterschicht, die innerhalb des wohltemperierten Parteien-Duopols die absurde Illusion der glorreichen westlichen Demokratie aufrecht erhĂ€lt.
Die USA und Europa funktionieren dabei diametral entgegengesetzt. Es bedarf nicht erst eines Ausflugs in die filmischen Welten des Dokumentaristen Errol Morris, um erkennen zu können, wie gewaltig sich die LebensansĂ€tze eines EuropĂ€ers von jenen eines US-BĂŒrgers unterscheiden. Die Gemeinsamkeiten sind allenfalls noch ein paar kosmetische OberflĂ€chlichkeiten, die die weit gröĂer klaffenden LĂŒcken niemals in ausreichendem MaĂe zu ĂŒbertĂŒnchen vermögen. Den bis an die ZĂ€hne bewaffneten fettleibigen rassistisch-nationalistisch-kreationistischen Todesstrafe-Racheengel in Cowboystiefeln, der seinen kriegstauglichen GelĂ€ndewagen noch nicht einmal zum âFreedom-Friesâ-FraĂ verlĂ€sst, findet man in Europa immer noch recht selten. Genau daran scheitern hörige Transatlantiker denn auch folgerichtig, da sich emanzipierte EuropĂ€er nach all der Trump-Panik unverĂ€ndert fragen: âWhereâs the beef?â
Trump ist damit keine europĂ€ische, sondern eine fĂŒr uns folgenlose US-amerikanische Horrorepisode. Die isolationistischen Visionen des 45. âUnwichtesâ Donald lĂ€hmen nur vom WestflĂŒgelsyndrom befallenen Hirne, die das AbschĂŒtteln der Yankee-BlĂŒten auch von heimischen Blumen getrĂ€umt hatten, sich nun aber damit konfrontiert sehen, dass bisherige NATO-, Wirtschaftsliberalismus- und Territorialgewaltphantasien vorschnell beendet sein könnten. Ob auf Trump nochmals eine bislang unbekannte US-Vernunft folgen könnte, mag zudem stark bezweifelt werden.
âSie geht in den Automatikbetrieb und hört das, was sie sagt, zur gleichen Zeit wie alle anderen auch.â, meinte Rich Galen, einstiger Pressesprecher des als Elefant im Porzellanladen bekanntgewordenen Ex-US-VizeprĂ€sidenten Dan Quayle ĂŒber die âTrumpeteâ Kellyanne Conway. Erst schieĂen, dann fragen â die National Rifle Association (NRA: Nationale Gewehr-Vereinigung) hat hiermit das US-Machtzepter ergriffen.
David Andel