Ein Trampel an der Spitze einer Nation

Simples vom Simpel

In vergangenen Tagen war der gemeine Simpel leicht auszumachen. Meist trug er braune Socken, Sandalen und beim Autofahren einen Hut. Auf der hinteren Ablage seines Fahrzeugs nickte zustimmend ein Wackeldackel, wĂ€hrend Gartenzwerge ĂŒber sein trautes Heim wachten. Die simultane Verwendung von GĂŒrtel und HosentrĂ€ger ließ auf ein hohes SicherheitsbedĂŒrfnis schließen und rundeten das Bild vollkommener EinfĂ€ltigkeit ab.

Als der 39. PrĂ€sident der USA James Earl „Jimmy“ Carter Jr. am 29. Dezember 2024 verstarb, konnte kaum jemand ahnen, dass er der letzte seiner Art sein wĂŒrde. Der fast HundertjĂ€hrige stand von 1976 bis 1980 fĂŒr eine kurze Phase der Nachdenklichkeit einem Land vor, das auf der WeltbĂŒhne ansonsten durch Einmischung und Zerstörung auffiel.

Die zu seinem Tod unter dem Titel Jimmy Carter: A Declassified Obituary (Jimmy Carter: ein nicht mehr unter Verschluss stehender Nachlass) zugĂ€nglich gemachten Dokumente des National Security Archive (Nationales Staatsarchiv) beschreiben einen integren, nachdenklichen und sogar schlagfertigen Mann – das absolute Gegenteil dessen, was einen US-PrĂ€sidenten unserer Zeit auszeichnet.

Joseph â€žJoe“ Robinette Biden, RentnerreaktionĂ€r und 46. PrĂ€sident der USA, verfĂŒgte ĂŒber magische KrĂ€fte. Der gebrechliche, vergessliche, verwirrte und ĂŒberforderte Greis mit festgewachsener Sonnenbrille konnte jeden seine sicht- und hörbare geistige Umnachtung vergessen machen: direkte Mitarbeiter, Journalisten und Politiker aller Welt. Die UnterstĂŒtzung seines Tuns kannte keine Grenzen, so dumm es auch sein mochte.

Die transatlantische Predigt seit Jahrzehnten lautet, dass uns Russland tagein, tagaus beeinflusst. Die USA hingegen kennen derlei Plumpheiten nicht, sie existieren fĂŒr uns nicht. Niemals steht irgendwo irgendwas von jenem weit entfernten Land unter dem Sternenbanner zu lesen, dessen komplexe Sprache fĂŒr uns rĂ€tselhaft bleibt und dessen Kultur und Industrie uns gĂ€nzlich unbekannt sind. US-Oligarchen sollen schĂŒchterne und engelsgleiche Geschöpfe sein, manche sprechen von der Bescheidenheit des Geldes.

Zahlreiche Fakten belegen es: der russische Unternehmer Elonid Muskowitz ĂŒberschwemmt den europĂ€ischen Markt mit Teslow-Fahrzeugen, ausgerĂŒstet mit modernster Abhörtechnik und mordlĂŒsterner Autonomie. In jĂŒngster Zeit mischt er sich in den deutschen Wahlkampf ein und unterstĂŒtzt wenig ĂŒberraschend die Putin-Trollpartei AfD. Bereits die Sprengung der NordStream-Pipelines durch russische Eliteeinheiten sollte die USA dazu zwingen, ihr umweltschĂ€dlich gefördertes FlĂŒssiggas mit Deutschland zu teilen und so einen Prozess der Deindustrialisierung beider LĂ€nder einzulĂ€uten. Oder etwa nicht?

Naziaufmarsch des Amerikadeutschen Bundes in New York City am 30. Oktober 1939
Naziaufmarsch des Amerikadeutschen Bundes in New York City am 30. Oktober 1939

Die USA als Quell unerschöpflicher PrimitivitĂ€t dienen der ganzen Welt als Vorbild. Unvorstellbar, dass Donald Trump Joe Biden nicht ĂŒbertreffen wĂŒrde. Transatlantiker tanzen vor Freude, Deutschland war noch nie abhĂ€ngiger von den USA. Im Land der Cowboys und Schnellimbisse werden tausend einfache Lösungen fĂŒr Millionen komplizierter Sachverhalte gefunden. Alles wird komplizierter, die PrĂ€sidenten der USA immer simpler.

Als der Göttergatte der ewigen Filmpreußin Lilli Palmer, ein Argentinier namens Carlos Thompson, vor Jahrzehnten in einer deutschen Talkshow ohne die geringsten Anzeichen von Selbstzweifeln erklĂ€rte, er wĂ€re dazu in der Lage, das Problem von Juden und Arabern auf ein und demselben Fleckchen Erde zu lösen, fĂŒhrte dies zu allgemeiner Belustigung. Tut dies allerdings der 45. und 47. PrĂ€sident der USA, Donald John Trump, macht dies internationale Schlagzeilen.

Und was fĂŒr Lösungen uns dieser Simpel bietet! Irgendwas mĂŒsse in der Region nach Jahrhunderten (?) von Konflikten geschehen. Und das ist ihm zufolge keinesfalls Konsequenz des inmitten von Arabern gegrĂŒndeten Judenstaates oder das Ziehen willkĂŒrlicher Grenzen durch koloniale BesatzungsmĂ€chte nach dem Ersten Weltkrieg, sondern ausschließlich Folge des Fehlverhaltens jener, auf deren Kosten der Wertewesten seit ĂŒber hundert Jahren seine Interessen zu verteidigen sucht.

Nun hat der dubiose Immobilienspekulant Trump, dessen Tochter einen nicht minder dubiosen Immobilienspekulanten jĂŒdischen Glaubens geehelicht hat und der fortan als US-PrĂ€sident sĂ€mtliche WĂŒnsche Israels erfĂŒllt, die plötzliche Eingebung vom Verlagern der PalĂ€stinenser nach Jordanien und Ägypten. Auf diese Weise sollen GrundstĂŒcke in bester Meereslage entstehen, GolfplĂ€tze vermutlich ebenso. Die gleichzeitige Lieferung von 2000-Pfund-Bomben an Israel wird dabei der schnelleren Entscheidungsfindung dienlich sein. So sieht er aus, der gefĂŒrchtete Isolationismus der USA, vor dem Europa stets so zittert.

Wie bereits das Verlagern europÀischer Juden nach PalÀstina wird dies freilich nichts am Grundsatzproblem des Kolonialismus Àndern: er verkennt die Wirklichkeit und schafft bis zu seinem unausweichlichen Niedergang nichts als Unruheherde. Das Umsiedeln von Unannehmlichkeiten hat Tradition. Warum nicht auch die Ukrainer in die USA umsiedeln, damit sie mal was anderes kennen lernen, als Krieg?

Der Ex-Fernsehmoderator und neue US-Verteidigungsminister Pete Hegseth schwafelt, die USA orientierten sich nur noch an selbst gesetzten rechtlichen Bedingungen oder am Recht des StĂ€rkeren. Donald meint, Grönland und der Panamakanal sollen heim ins Reich, der Golf von Mexiko zum Golf von Amerika werden. Dank Deutschland haben die simplen USA in der komplizierten Welt freie Hand, erpressen mit Strafzöllen, sprengen Pipelines oder erhöhen NATO-Schutzgelder. Die Rollen der Nazis wurden zwar umverteilt, der Amerikadeutsche Bund lebt aber fort. DafĂŒr sind wir frei von einem Russland, das derlei nie getan hat. Wer nun auf ErklĂ€rungen transatlantischer Trump-Versteher hofft, dĂŒrfte enttĂ€uscht werden.

David Andel