Wenn ehemaligen Postmonopolisten wie bpost, DHL oder PostNL die Aufgabe anvertraut wird, kleine und groĂe Sendungen unterschiedlichster Art zuzustellen, dann gelingt dies in einer Vielzahl von FĂ€llen nicht. Wer selbst vergleichsweise hĂ€ufig Pakete empfĂ€ngt oder versendet, kann sich leicht ein Bild des endlosen Dramas in oftmals vielen Akten machen. Im Gegensatz zu einst lastet die Verantwortung ĂŒber die Zustellung heute auf zahllosen Schultern.
Schon in den ersten drei Quartalen dieses Jahres wurde in Deutschland mit 31.700 die Zahl der Postbeschwerden von 26.000 des letzten Jahres ĂŒbertroffen, 90 Prozent davon darf DHL fĂŒr sich verbuchen. DHL ist das verbliebene Gerippe jenes Unternehmens, das die Deutsche Post einst darstellte und das sich in den letzten Jahren vor allem durch Abbau von BriefkĂ€sten, Leistungen und Niederlassungen ausgezeichnet hat, fĂŒr all diesen Unmut aber fortwĂ€hrend die Preise erhöht. Medienberichten zufolge verschleiĂt die Post ihre Mitarbeiter, die immer weniger wĂŒrden, wohingegen sich die Zahl der Paketsendungen von 2011 bis 2021 auf 1,8 Milliarden verdoppelt hat. Laut einem Gewerkschaftsvertreter wĂŒrden Mitarbeiter systematisch unter Druck gesetzt, die sich ĂŒber die schlechten Arbeitsbedingungen beklagten, was gleichzeitig manch beschönigende Sichtweisen erklĂ€rt.
Am Beispiel Wiesbaden ist der Verfall des traditionellen Postsystems leicht zu beobachten. Dort entstand 1970 das Konzept fĂŒr ein kolossales PostgebĂ€ude, das Mitte der Siebziger fertiggestellt wurde und seinesgleichen suchte. Es fanden FĂŒhrungen internationaler Besucher statt, das integrierte Briefverteilzentrum gehörte zu den weltweit fortschrittlichsten. Die hauseigene Kantine war derart groĂ, dass sie auch von SchĂŒlern angrenzender Schulen und Mitarbeitern umliegender Unternehmen genutzt wurde. Das GebĂ€ude enthielt alles, was der Kunde so brauchte: von der Briefmarke ĂŒber den Paketversand und -empfang hin zu den gĂŒnstigen Bankdienstleistungen des Postscheck- und spĂ€teren Postgiroamtes. Die Schalterhalle glich einer betonierten Kathedrale des deutschen Wirtschaftswunders.
Kaum zwanzig Jahre spĂ€ter hatte das GebĂ€ude bereits ausgedient, der schlecht gewartete Postpalast mit seinen Feuchtigkeitsproblemen, zunehmend unnĂŒtzen Telefonzellen und angeblich viel zu vielen Schaltern, deren Personal und Dienste nach und nach irgendwohin verschwanden, war zum Abriss vorgesehen. Stattdessen wurde schrĂ€g gegenĂŒber eine erbĂ€rmliche Ersatzpost zur VerfĂŒgung gestellt, die fĂŒr ihre oftmals endlosen und bis auf den BĂŒrgersteig reichenden Warteschlangen bekannt war. An der Stelle des ehemaligen Prachtbaus des Funktionalismus entstand ein weiteres weitgehend unnĂŒtzes und schnell mit hohem Leerstand kĂ€mpfendes Einkaufszentrum, mit dem sich Lokalpolitiker jedoch erneut profilieren konnten.
Mit der Privatisierung ging die Besessenheit der Kostenreduktion einher. Obgleich das Monopol im Briefbereich in vielen LĂ€ndern beibehalten wurde und an Bedeutung verlor, traf es den Paketsektor umso hĂ€rter, da internationale, meist US-amerikanische, Konkurrenten Gewehr bei FuĂ standen, neue MĂ€rkte zu erobern. Zwar sollte es noch Jahre dauern, bis auch Lieschen MĂŒller etwas mit alternativen Paketdiensten versenden konnte, der Empfang von privat verfrachteten Sendungen war jedoch fĂŒr jeden von Anfang an möglich. Statt nur eines absehbaren Zustelltermins gab es fortan viele, statt eines Paketboten lieferten fortwĂ€hrend neue Mitarbeiter, manchmal uniformiert und manchmal auch nicht, die zunehmend groĂe Paketflut aus.
WĂ€hrenddessen wurden die alten Zustellbetriebe auf Teufel komm raus optimiert, um gegen die neuen Konkurrenten bestehen zu können. Bisherige Zusteller landeten schnell im vorzeitigen Ruhestand und wurden gegen immer neue ersetzt. Ăber viele Jahre hinweg funktionierte dabei so gut wie nichts mehr, experimentiert wurde am Kunden. Die Ursachen aller auftretenden Verzögerungen wurden elegant auf den EmpfĂ€nger abgewĂ€lzt, da sich dieser selbst keine Sendung schickt und damit Auftraggeber oder Beschwerdesteller sein kann. Der Besteller wurde zum Bittsteller und fortwĂ€hrend auf immer neue Weise bestraft. Willkommen in der B2B-Hölle (Business To Business) der neuen Welt!
Ist der Ruf erst ruiniert
Eine wohl ĂŒberdachtes Unternehmenskonzept neben dem schnellen Geld scheint bei börsennotierten Firmen nur noch selten eine Rolle zu spielen. Das fĂŒhrte zum Teil zu ulkigen Nebenwirkungen wie im Falle des mittlerweile ausgerechnet beim ehemaligen Postmonopolisten Geopost in Frankreich beheimateten KEP-Dienstes (Kurier-, Express- und Paket) DPD. Wird âDPDâ (des pĂ©dĂ©s) auf Französisch ausgesprochen, ist umgangssprachlich von Schwulen die Rede, obgleich nicht alle Zusteller es sein dĂŒrften.
Ich habe meinen Beitrag fĂŒr den Wirtschaftsstandort Deutschland geleistet.
Klaus Zumwinkel am 27.12.2013 in einem Focus-Interview
Wer heute bei der Firma DHL anruft und in einer unertrĂ€glich dĂ€mlichen Warteschleife landet, der wird mit dem Namen DHL akustisch regelrecht erschlagen. Was fĂŒr ein Unternehmen mag das wohl sein? Schon das nationalsozialistische Elternhaus des vorbestraften SteuerbetrĂŒgers und Sprachpanschers Klaus-Gerhard Maximilian Zumwinkel bereicherte sich an jĂŒdischen Haushalten und legte damit den Grundstein fĂŒr die Karriere des spĂ€teren Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Post AG. Zumwinkel agierte wie ein umsatzorientiert entlohnter Förster im privatisierten Wald. Er holzte alles ab, was man nicht sah und lieĂ nur so viele BĂ€ume stehen, wie fĂŒr die allgemeine Definition âWaldâ nötig waren. Aktiengesellschaften neigen zu diesem Effekt, da sie prinzipbedingt nicht im Sinne der Kundschaft oder dem Nutzen fĂŒr die Bevölkerung, sondern vorwiegend im Sinne vor allem groĂer Investoren handeln. Dies kann bis zur völligen Aufgabe oder Verleugnung des ursprĂŒnglichen KerngeschĂ€fts gehen, wofĂŒr es etliche prominente Beispiele gibt.
Die Marketing-Weisheit, die Deutsche Post AG in DHL umzubenennen, wĂ€hrend das âHâ darin von Larry Hillblom stammt, ist bewundernswert. Dem emsigen PĂ€dophilen aus der 12.000-Seelengemeinde Kingsburg in Kalifornien, dessen HauptsehenswĂŒrdigkeit ein Wasserturm in Form einer Kaffeekanne ist, wurde damit ein Denkmal gesetzt. Die NebentĂ€tigkeit wĂ€hrend Hillbloms Jurastudium fĂŒhrte zwar zur GrĂŒndung von DHL und sein juristisches Können zur Zerschlagung des US-Postmonopols. Seine zahlreich gezeugten unehelichen Kinder waren vom Ruf des Vaters aber weniger begeistert. Dennoch ging alles gut aus und das Millionenerbe Hillbloms fand mithilfe des Anwalts David Lujan seinen Weg in die HĂ€nde der zuvor keineswegs privilegierten Kinder. Plötzlich ergab alles wieder einen Sinn.
Wer hier versucht, den Menschen zum Beispiel durch einen frĂŒheren Rentenbeginn etwas Gutes zu tun, der hat die Demografie, die gestiegene Lebenserwartung nicht verinnerlicht.
SteuerbetrĂŒger Zumwinkel ĂŒber die Renten anderer
Im Dokumentarfilm Shadow Billionaire wird das Leben eines niemals erwachsen werden wollenden Mannes nachgezeichnet, der nach dem AnhĂ€ufen seines enormen Reichtums durch einen Kurierdienst, der auch dorthin zustellte, wo es anderen Diensten zumindest offiziell untersagt war, prinzipiell nichts mehr tat und sich nur noch auf den Philippinen seinen FreizeitvergnĂŒgen verschrieb, zu denen neben dem Fliegen annĂ€hernder Flugzeugwracks auch das Entjungfern Zwangsprostituierter gehörte. Bei der Auswahl seiner Gespielinnen bestand Hillblom laut dem Werk des Dokumentarfilmers Alexis Spraic aus vorgeblich hygienischen GrĂŒnden ausschlieĂlich auf Jungfrauen und testete deren Unbeflecktheit mit einer nicht minder abenteuerlichen Methode, nĂ€mlich ob sich diese vor dem angestrebten Akt direkt ins Badezimmer begaben oder nicht â eine absurde PrĂŒfung einer womöglich schon vorhandenen aber verabscheuten Routine. So dies der Fall war, handelte es sich der Hillblom-Methode zufolge um eine bereits erfahrene Prostituierte, die damit auĂer Frage stand.
Die Frage stellt sich, ob GeschĂ€ftsbeziehungen mit derlei fragwĂŒrdigen Unternehmen erstrebenswert sind, da alles irgendwann zum Ărgernis wird, was abseits der Unterfinanzierung des laufenden Betriebes und der ĂberfĂŒtterung der VorstĂ€nde steht. Davon abgesehen steht vor allem der Verkauf von Waren im Mittelpunkt â der Transport ist Störfaktor, soll so gut wie nichts kosten und so schnell wie möglich vonstatten gehen. Personalkosten sind lĂ€stig, werden seit Jahrzehnten reduziert und verurteilen den Kunden zum MittĂ€ter eines Ausbeutungssystems. Eine lĂ€ngst ĂŒberschrittene Schmerzgrenze wird fortwĂ€hrend erhöht: wenn Zusteller diese MaĂnahme ĂŒberstehen, dann vielleicht auch jene. Und wenn Kunden sich nur in jedem dritten Fall beschweren, dann sind zwei Drittel ein ausgezeichneter Erfolg.
Ich bin doch nicht der einzige, der sich seine Rente frĂŒhzeitig ausbezahlen lĂ€sst.
SteuerbetrĂŒger Zumwinkel ĂŒber seine eigene Rente
Adressen wĂ€ren nicht leserlich, unvollstĂ€ndig, EmpfĂ€nger nicht anzutreffen oder umgezogen, StraĂen unzugĂ€nglich oder unbekannt, Hausnummern nicht vorhanden oder falsch und vieles andere mehr. Aus eigener Erfahrung kennt der Verfasser dieser Zeilen endlose Varianten solcher LĂŒgenmĂ€rchen. Die KreativitĂ€t der Erfindungen ist beeindruckend und das Transportunternehmen geht daraus generell als Unschuld vom Lande hervor. Optionen fĂŒr ein Fehlverhalten des Konzerns sind nicht vorgesehen, so entstehen Erfolgsbilanzen. Wer sich an den völlig ĂŒberforderten Kundendienst wendet, dem wird infolge solcher Geschehnisse ebensowenig geholfen. Der Callcenterfluch besagt, dass jeder Anruf immer alles schlimmer macht. Nichts ist bekannt, nichts kann geklĂ€rt werden, alles verzögert sich. Ăber die Inhalte der Webseiten zur Paketverfolgung sind die Mitarbeiter im Callcenter nicht im Bilde, deren Statusmeldungen aber je nach Sprache unterschiedlich detailliert und zum Teil widersprĂŒchlich. Eine DHL-Kundendienstleiterin stritt zunĂ€chst das Vorhandensein mehrerer Sprachen ab, bat dann um die genaue URL, verweigerte anschlieĂend jedoch die Verantwortung fĂŒr die Ăbersetzung unter der BegrĂŒndung, dass sie keine weiteren Sprachen beherrsche.
Die belgische bpost folgt seit Jahren mit groĂem Eifer dem DHL-Prinzip und gibt sich viel MĂŒhe, nur selten einen Mitarbeiter zu beschĂ€ftigen, der bereit oder in der Lage dazu ist, das erwartete Arbeitspensum fĂŒr das entsprechende Gehalt zu erledigen. Als keine weiteren SparmaĂnahmen mehr möglich waren, sollte das Unternehmen kurzerhand verĂ€uĂert werden. Der vom belgischen Staat geplante Verkauf von bpost an PostNL scheiterte jedoch an einem politischen Whistleblower. Genau wie die Deutsche Post im Briefbereich und auch DHL im Paketbereich tut bpost alles, um immer weniger zu tun. Der EmpfĂ€nger darf aber in keinem Fall wissen, weshalb es andauernd irgendwo hakt.
Die Ursachen
Fraglich, ob es sich lohnt, ĂŒber die Kostenoptimierung hinaus nach weiteren GrĂŒnden ĂŒber das niedrige QualitĂ€tsniveau im Zustellbereich zu suchen. WĂŒrden Zusteller besser entlohnt und bestĂŒnde innerhalb der Logistikbranche die Möglichkeit einer verheiĂungsvollen Karriere, wĂ€re die Personalfluktuation mutmaĂlich niedriger. Gespart wird jedoch am falschen Ort und die Konsequenz sind Fehler wenig motivierter und ĂŒberforderter Mitarbeiter, die unter groĂem Zeitdruck stehen. Auf nur einen Zusteller können mehrere hundert Pakete an nur einem Arbeitstag kommen, manchmal bleiben weniger als zwei Minuten Zeit fĂŒr ein Paket.
Unseren Beobachtungen zufolge ist der Ursachenkatalog betrĂ€chtlich. Je nach Ungeduld des Zustellers kann der Weg zur TĂŒr fĂŒr den EmpfĂ€nger der Sendung grundsĂ€tzlich zu lang sein. Die Geduld der Paketboten geht nur noch selten ĂŒber eine Minute hinaus, sodass es ratsam scheint, dass konsequent eine Empfangsperson Gewehr bei FuĂ steht, die zudem die Sendungsverfolgung von einem Dutzend Logistikunternehmen kennt und beherrscht. Die zuweilen von den Versendern zur VerfĂŒgung gestellten Links verweisen immer wieder auf Dienstleister, deren Daten weniger oft aktualisiert werden als die der Zustelldienste selbst. Aber auch die Webseiten der Zustellunternehmen wissen immer wieder zu ĂŒberraschen.
Das ehemals staatliche belgische Postunternehmen bpost wusste dabei ĂŒber viele Jahre hinweg mit einer extrem frĂŒhen Auslieferung ohne jede AnkĂŒndigung zu ĂŒberraschen. In zahlreichen spĂ€teren FĂ€llen versackten Sendungen in einem unverstĂ€ndlichen Logistik-Pingpong oder wurden an die richtige Hausnummer und eine andere StraĂe (oder umgekehrt) gesandt. PostNL wiederum gab mehrfach eine erfolgte Zustellung an, nur hatte diese entweder gar nicht oder zur falschen Anschrift stattgefunden â in einem Fall fand sich die Ware auf einem nahegelegenen Feldweg. Das ehemals staatliche Postunternehmen der Niederlande ist auĂerdem fĂŒr seine extrem spĂ€ten Zustelltermine bekannt, die im Einzelfall bis nach 22 Uhr reichen. UPS schlieĂlich gab ĂŒber Monate nicht an, dass ein Paket wirklich zum EmpfĂ€nger unterwegs war. Es konnte lediglich festgestellt werden, dass es sich im regionalen Verteilzentrum befand, nicht jedoch, wann genau es in das Zustellfahrzeug geladen wurde.
Ein weiterer Störfaktor kann auch der Richtung sein, aus der der Zusteller kommt. Trifft dieser auf einen Eingangsbereich, der ĂŒber Klingeltaster auf beiden Seiten einer HaustĂŒr verfĂŒgt, dann kann es sein, dass er nur eine Seite wahrnimmt und somit vorgibt, der EmpfĂ€nger wĂ€re dort nicht wohnhaft. Umgekehrt trat oftmals der Fall ein, dass immer wieder bei der gleichen Person geklingelt wurde, obgleich dies niemals der EmpfĂ€nger war. Viele Adressaten halten es nicht fĂŒr nötig, den guten Zustand ihres eigenen Klingelschildes zu gewĂ€hrleisten, gehören dann aber zu den gröĂten EmpfĂ€ngern eines Mehrparteienhauses.
Auch Neubauten bergen zahlreiche HĂŒrden. Es kann je nach Region Jahre dauern, bis die entsprechenden Hausnummern in den Karten des Katasteramtes zu finden sind, was eine der Grundvoraussetzungen fĂŒr die zahlreichen Kartendienste ist, auf denen anschlieĂend die Navigationssysteme der Zusteller basieren. Wer nun meint, dass dies ein automatischer Prozess wĂ€re, irrt. Bewohner völlig neuer Anschriften sind gehalten, sich direkt an die jeweiligen Kartendienste zu wenden. In unserem Fall reagierte dabei der nichtkommerzielle Dienst OpenStreetMap (mit korrekter ErgĂ€nzung des Grundrisses auf der Karte) am schnellsten, gefolgt von Apple Maps (mit ErgĂ€nzung des Hauses bei angenĂ€hertem Grundriss), Google Maps (Hausnummer ohne Grundriss) und Here (Hausnummer ohne Grundriss), wohingegen Bing Maps trotz mehrfacher Kontaktaufnahme keinerlei Ănderung vornahm. Werden die Kartendaten der KEP-Dienste nicht aktuell gehalten, was schon aufgrund der zahlreichen Franchise-Nehmer besagter Unternehmen kaum gewĂ€hrleistet werden kann, sollte der EmpfĂ€nger seine Adressdaten bei jeder Bestellung sehr genau angeben.
Selten wird der genaue Grund einer Verzögerung angegeben, zuweilen auch die Unwahrheit bevorzugt. Stolze Besitzer einer Ăberwachungskamera können ein Lied davon singen, dass die Behauptung, ein Zustellversuch habe stattgefunden, nicht immer den Tatsachen entspricht. Ăber Jahre hinweg war dies eine beliebte Aussage fast aller KEP-Dienste. Erst mit zunehmender Nutzung der Sendungsverfolgung aber stieg auch die Zahl der Beschwerden, was dann zur Aussortierung vermeintlich fauler PersonalĂ€pfel fĂŒhrte.
So offenbarte sich auf diesem Wege beispielsweise folgendes System: bpost-Zusteller A behauptete, zu einem bestimmten Zeitpunkt vor Ort gewesen zu sein, war es nachweislich aber nicht und eine Benachrichtigung fehlte ebenso. bpost-Zusteller B am Folgetag wiederum hinterlieĂ eine entsprechende Benachrichtigung im Kasten. Seit der so genannten Verbundzustellung sind Zusteller ehemaliger Monopolbetriebe der meisten EU-LĂ€nder gehalten, Briefe und eingeschriebene Sendungen, Pakete und Nachnahmen, Info- und Werbepost sowie Kataloge und BĂŒchersendungen in Personalunion zuzustellen. ZuverlĂ€ssige Zusteller ĂŒber einen lĂ€ngeren Zeitraum sind daher ein GlĂŒcksfall fĂŒr den EmpfĂ€nger â oftmals sind aber Burnout-Syndrom und Wechsel des Arbeitsplatzes die Folgen.
Der in Diskussionsforen gern geĂ€uĂerte Vorschlag, sĂ€mtliche Sendungen der Einfachheit halber an einen zentralen Zustellort wie eine Packstation liefern zu lassen, erscheint aus vielerlei GrĂŒnden abwegig. So gibt es einerseits alleine in Belgien mit Amazon Logistics, bpost, Colis PrivĂ©, DHL Express, FedEx (Federal Express), Geopost (DPD usw.), GLS (General Logistics Systems), PostNL und UPS (United Parcel Service) neun verschiedene KEP-Dienste, die allesamt ĂŒber unterschiedliche Stellen zur Abholung verfĂŒgen und andererseits wird damit das Komfortmerkmal der Zustellung frei Haus ad absurdum gefĂŒhrt, weshalb es den Versandhandel also streng genommen ĂŒberhaupt erst gibt. So sich der Kunde also wieder zu neun verschiedenen Stellen begeben muss, um seine Ware zu erhalten, stellt sich die Frage, weshalb er sich dann nicht gleich â VerfĂŒgbarkeit vorausgesetzt â zum örtlichen Handel begibt.
Davon abgesehen sind insbesondere Packstationen nur eine weitere Verlagerung des Problems ĂŒberforderter Infrastrukturen. Wer weder bereit oder in der Lage ist, seine Sendungen direkt in Empfang zu nehmen, verhĂ€lt sich nicht unbedingt disziplinierter im Zusammenhang zentralisierter Empfangsorte. Paketzusteller wissen ein Lied davon zu singen, dass Paketwaisen den gesamten zur VerfĂŒgung stehenden Platz fĂŒr Neuankömmlinge belegen können, was zu oftmaligen vergeblichen Versuchen der Auslieferung fĂŒhren kann. SchnĂ€ppchenorientierte Besteller kalkulieren nicht unbedingt ihr eigenes Zeitpensum ein und die Zahl derer, die mehr oder weniger alle EinkĂ€ufe online erledigen, nimmt weiter zu.
Aber nicht nur die Tatsache der ĂŒberhaupt erfolgten Zustellung spielt eine Rolle, sondern auch der Zustand der Sendung. Leider liegt hier einiges im Argen und insbesondere das US-Unternehmen Amazon, das mit der Auslieferung von BĂŒchern groĂ geworden ist, hat in diesem Sektor stark an Sorgfalt eingebĂŒĂt. LĂ€ngst spielt neben dem Kostenfaktor Personal auch der Kostenfaktor Verpackungsmaterial eine Rolle, letzterer oftmals unter der Vorgabe des Umweltschutzes. Kaum noch ein empfindliches Buch wird ausreichend sorgfĂ€ltig verpackt, sodass zahlreiche SchĂ€den entstehen, was die Zahl der RĂŒcklĂ€ufer betrĂ€chtlich erhöht.
DPD und Hermes erwogen noch vor der Pandemie, die neuen SchnĂ€ppchenverderber sein zu wollen. Am liebsten gar nicht mehr, zumindest aber teurer, sollte an Privathaushalte geliefert werden. Auch zu StoĂzeiten waren höhere Kosten vorgesehen. Da Heimarbeit aber seit 2020 einen deutlichen AufwĂ€rtstrend zu verspĂŒren weiĂ, BĂŒroflĂ€chen in StĂ€dten einen groĂen Leerstand zu beklagen haben und vor allem mit Amazon Logistics unerwartete Konkurrenz entstand, lösten sich derartige Vorhaben schnell in Luft auf.
In den meisten europĂ€ischen Staaten war der Paketzusteller einst genauso zuverlĂ€ssig wie der Briefzusteller und kam zu vorhersehbaren Zeiten. Vor der Auflösung des Monopols der Paketzustellung sowie der Privatisierung staatlicher Postbehörden gab es einen BrieftrĂ€ger und einen Paketzusteller, nur selten in Personalunion. Diese Postmitarbeiter konnte der EmpfĂ€nger von Anfang bis Ende seiner Karriere erleben. Manche Zusteller fĂŒhrten auf ihren Touren den Familienhund aus, halfen TĂŒrbekanntschaften am Wochenende gegen kleines Geld beim Umzug oder anderen Dingen, kannten Kinder und LebensumstĂ€nde vieler Familien und liebten daher auch meist ihre TĂ€tigkeit, obgleich nicht unbedingt fĂŒrstlich entlohnt. Und heute? Zahlreiche verschiedene Dienste teilen sich einen Preisdumping-Markt. Hier definieren besonders groĂe Kunden wie Amazon besonders kleine Preise je Sendung. Der Service fĂŒr den EmpfĂ€nger jener kaum mehr als Dienstleistung zu betrachtenden Zumutung ist somit nicht mehr vorhanden. Was sich seit der Privatisierung ehemals staatlicher Dienste verdeutlicht hat, ist deren alltĂ€glich gewordene UnertrĂ€glichkeit.
Die Rache der EmpfĂ€nger dĂŒrfte dabei ĂŒber den Preis ausgetragen werden und zu weiteren VerschĂ€rfungen fĂŒhren. Der Ruf nach Eliminierung der menschlichen Komponente ist befremdlich, da Drohnen Pakete kaum schonender handhaben können als Menschen und ein massenhafter Flugverkehr ĂŒber StĂ€dten wenig wahrscheinlich ist. Alles in allem erscheint nur noch eine Lösung vorstellbar: weniger zu bestellen.
David Andel