Wenn eines seit der Installation von der Leyens als PrĂ€sidentin der EuropĂ€ischen Kommission deutlich wurde, dann die Inkompetenz Emmanuel Macrons. Als dieser 2019 die skandaltrĂ€chtige Deutsche als mögliche KommissionsprĂ€sidentin ins Spiel brachte, hatte er es offenkundig versĂ€umt, sich ĂŒber deren politische Agenda und Kompetenz kund zu tun. Mit dem Skandal der Benennung Fiona Scott Mortons zur Chefökonomin der EU-Kartellbehörde wird die transatlantische Ausrichtung der EU nun erneut verstĂ€rkt.
Wer einen Bock zum GĂ€rtner macht und dann behauptet, dessen Verfressenheit spiele keine Rolle, da man ihn ja zunĂ€chst vom Gras fern hielte, der muss sich natĂŒrlich fragen lassen, weshalb der Ziegenbock ĂŒberhaupt ins Auge gefasst wurde. So will uns die EU-Kommission zwar versichern, dass sich Fiona Scott Morton ânicht mit FĂ€llen befassen [soll], die mit Unternehmen zu tun haben, fĂŒr die sie im Jahr vor ihrem Eintritt in die Kommission gearbeitet hat (oder die sie als Kunden hatte)â, doch wĂ€re damit auch ihre Daseinsberechtigung innerhalb dieser ĂŒbermĂ€chtigen Behörde nicht mehr gegeben, da ihr Wissensvorsprung und die Gefahr eines Interessenkonfliktes die gleichen Wurzeln haben.
Die ehemalige Beraterin von Apple und Microsoft wird nun zur Chefökonomin genau jener Behörde, gegen deren Ermittlungen sich besagte Unternehmen mithilfe Scott Mortons schĂŒtzen wollten. Die Berufung der 56-jĂ€hrigen Yale-Professorin fĂŒhrte somit zu Recht zu einem hohen MaĂe an VerĂ€rgerung seitens Frankreichs, das sich seit geraumer Zeit die BekĂ€mpfung der GAFAM-Marktmacht auf die Fahne geschrieben hat.
GAFAM steht als KĂŒrzel fĂŒr die US-Konzerne Google (Alphabet), Apple, Facebook (Meta), Amazon und Microsoft. Seit Jahrzehnten verfĂŒgen diese Unternehmen ĂŒber eine weitreichende Marktfreiheit, da sie vor allem MĂ€rkte bedienen, die durch ihre eigenen Produkte entstanden und deren Regulierung dadurch erst sehr viel spĂ€ter erfolgt. So ist Apple ein Hersteller von Hard- und Software, erlaubt auf einzelnen seiner Plattformen keine konkurrierenden Software-Verkaufsportale und legt den Anteil am Umsatz seines Vertriebsmonopols selbst fest. Der Hersteller unterbindet darĂŒberhinaus die Verwendung bestimmten Zubehörs oder die Reparatur seiner GerĂ€te bei einem Unternehmen nach Wahl des Kunden.
Google wie Facebook sind berĂŒchtigte Datensammler und haben wiederholt bewiesen, dass diese Sammelwut nicht nur ausgesprochen intransparent ablĂ€uft, sondern auch der Missbrauch dieser Daten durch Staaten wie Unternehmen eher gefördert als unterbunden wird. Da es in allen diesen Bereichen kaum Alternativen gibt, die europĂ€ischem Recht unterstehen und auf die ausgewichen werden könnte, ist eine stĂ€rkere GAFAM-Regulierung unabdingbar.
Wenn diese RegulierungsbemĂŒhung aber durch die Berufung ausgerechnet einer GAFAM-nahestehenden Person wie Fiona Scott Morton der Gefahr unterliegt, ad absurdum gefĂŒhrt zu werden, dann wĂ€re dies ein weiterer Schlag ins Gesicht europĂ€ischer UnabhĂ€ngigkeit, was nach den harten wirtschaftlichen Konsequenzen aus dem US-(auf)gefĂŒhrten Ukraine-Theater einen kaum absehbaren zusĂ€tzlichen schweren Schaden anrichten könnte.
Wie aus dem Bereich der Spionage hinlĂ€nglich bekannt ist, sind Doppelspione meist von gröĂerer Gefahr als Nutzen. Mit Fiona Scott Morton gibt es nun einen weiteren transatlantischen Maulwurf im System von der Leyen.
David Andel