Preisliche Extreme sind vor allem immer dann interessant, bringt man sie in Zusammenhang mit den UmstÀnden, aus denen heraus sie wohl entstanden sein mögen. Nachfolgend drei Beispiele aus drei sehr unterschiedlichen Bereichen.
799 Euro
Das App-Symbol von iVIP Black mit Smoking und Schleife erinnert an einen Assistenten von Mac OS X und stellt mutmaĂlich die Kleidung eines Butlers dar. Die Anwendung nennt sich allen Ernstes âThe Millionaireâs Appâ, was an sich schon auf einen primitiven Hintergrund schlieĂen lĂ€sst. Auf den zugehörigen WWW-Seiten wird erklĂ€rt, dass âiVIP-Mitglieder von einer einmaligen und exklusiven bevorzugten Behandlung innerhalb des Sortiments der Luxus-Partnerâ profitierten â die App ist eine Art Rabattkarte fĂŒr Teures und Ăberteuertes. Zu den Angeboten gehören so groĂartige Unternehmen wie Gordon Ramsay Restaurants, dessen Betreiber wie folgt beschrieben wird: âTypisch fĂŒr ihn sind seine VulgaritĂ€t, insbesondere die hĂ€ufige Verwendung des englischen Wortes »fuck«, und seine Statur.â DarĂŒber hinaus gibt es Sonderkonditionen bei den Hotelketten Virgin Limited Edition und Firmdale sowie angeblich vielen weiteren. Bei genauerem Hinsehen handelt es sich insgesamt um Unternehmen, die einem mit Rabatten gern hinterherlaufen und auf deren Dienste man groĂzĂŒgig verzichten kann. Zahlreiche Wellness-Tempel beispielsweise, die traditionell die meiste Zeit ihres Daseins damit verbringen, um ĂŒbergewichtige Kunden zu ringen (nicht mit ihnen). So erhalten iVIP-Benutzer im Wellness-Hotel Arcanum auf der thailĂ€ndischen Insel Phuket auf sieben bezahlte eine kostenlose Ăbernachtung, vierzehn Tage gibt es im Doppelzimmer ab knapp knapp sechstausend Euro pro Person.
Was bei soviel ExklusivitĂ€t bereits absurd erscheint, ist die bloĂe Existenz einer Rabattkarte. Aber hinter iVIP steckt ganz einfach eine Werbeagentur namens Loud Group, die sich ironischerweise selbst als eine besonders ökologische Werbeagentur sieht, was nicht so recht mit einer Anreise per Yacht vereinbar ist, fĂŒr die das Wellness-Hotel Arcanum wirbt. Die Annahme dĂŒrfte nicht falsch sein, dass besagte Werber mit der völlig unsinnigen App vor allem eigene Kunden bekannter machen möchte und durch den hohen Kaufpreis im App Store auf entsprechende Aufmerksamkeit hofft. Mission erfĂŒllt.
4.781 Euro
In Turkmenistan gibt es immer noch Monopole. Im politischen Bereich lautet dieses TĂŒrkmenistanyĆ Demokratik partiĂœasy (Demokratische Partei Turkmenistans), im Online-Bereich TĂŒrkmenistan Online â und das eine dĂŒrfte das andere erklĂ€ren. TĂŒrkmenistan Online bietet attraktive Zugangstarife fĂŒr jeden Geldbeutel, die vor allem dazu dienen dĂŒrften, den GroĂteil der Bevölkerung vom Internet fernzuhalten â der monatliche Preis entspricht fast dem durchschnittlichen Jahreseinkommen.
Es ist ĂŒbrigens gut möglich, dass PrĂ€sident Gurbanguly Berdimuhamedow ĂŒber die iVIP Black App verfĂŒgt, dann könnte er nĂ€mlich ab der achten Ăbernachtung einmal gratis im Wellness-Hotel Arcanum schlafen, das ja ĂŒber einen Yacht-Anlegeplatz verfĂŒgt. Und der Zufall will es, dass Berdimuhamedow vom russischen Erdgaskonzern Itera eine Yacht im Wert von 60 Millionen Euro erhielt â kleine Geschenke erhalten die Freundschaft.
22.000 Euro
Die auf 500 Exemplare limitierte Sonderserie der Leica M9 Titan kostet knapp 1189 Euro, allerdings pro Megapixel â und sie hat achtzehneinhalb davon. Ăbertragen auf ein iPhone 4 wĂ€ren dies bei den gegenwĂ€rtigen fĂŒnf Megapixeln 5946 Euro. Das ist verdammt viel Geld nur fĂŒr einen Fotoapparat, der sich niemals amortisieren wird, denn ihn irgendwohin mitzunehmen, wĂ€re grober Leichtsinn. Keine ĂŒbliche Reiseversicherung wĂŒrde den Verlust eines solchen GerĂ€tes bezahlen, jeder Ausflug wĂŒrde zur Tour de Force, zur Angstreise. Das Design ist wunderbar, die deutsche Wertarbeit ebenso, aber der Kontakt zur Wirklichkeit blieb irgendwo auf der Strecke. Und davon abgesehen, warum darf die Sonderversion der Leica M9, leicht umgestaltet vom Volkswagen-Chefdesigner Walter Maria deâSilva, nicht mehr als 500 Mal verkauft werden? Ganz einfach, das Solmser Traditionsunternehmen braucht zum weiteren Fortbestand Geld, Geld und nochmals Geld, das sich offenkundig am einfachsten flĂŒssigen Sammlern aus der Tasche ziehen lĂ€sst. Leica-Sammler gehören mit zu den schlimmsten ihrer Spezies und sind vor allem auf besondere Seriennummern scharf. Der Kaufpreis von 22.000 Euro fĂŒr eine M9 Titan samt Objektiv fĂŒhrt jedenfalls automatisch zu elf Millionen Euro Umsatz, wobei weniger attraktive Seriennummern natĂŒrlich zuletzt ĂŒber den Ladentisch gehen dĂŒrften.
Als Steve Jobs das iPhone 4 vorstellte, schwĂ€rmte er von den an Leica erinnernden Bedienungselementen. Nicht zuletzt in diesem Zusammenhang ist es tragisch, dass deutsche Technologie nicht in Apple-Dimensionen an den Mann gebracht werden kann, doch ist die Chance dafĂŒr wohl seit langem vertan. Man mag von Apple also halten, was man will, doch gibt es dort Design und aktuelle Technologie immer noch zu einem sehr akzeptablen Preis â made in China, leider. DafĂŒr wiederum kostete das PowerBook G4 Titanium vor genau zehn Jahren exakt dasselbe wie sein G3-VorgĂ€nger aus Kunststoff âŠ
David Andel