Anfang des Jahres wurde Apple plötzlich persönlich, duzte seine deutschsprachigen Kunden und legte damit den Grundstein zu einer neuen Unhöflichkeit.
Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, wenn der US-Konzern seine französischen Kunden weiterhin siezt, wĂ€hrend deutsche Kunden seit vergangenem Jahr wie Schulkinder behandelt werden. Das Durchschnittsalter der Deutschen liegt mit 43,8 Jahren etwa vier Jahre höher als das der Franzosen mit 39,4 Jahren. Schwer vorstellbar, dass diese Strategie also in einem demographisch zunehmend ĂŒberalterten Land wie Deutschland aufgeht, denn die Kunden Apples dĂŒrften ausgerechnet jene sein, die im Allgemeinen nicht von gleich wem geduzt werden möchten.
Oder ist hier vielleicht die subtile Botschaft herauszulesen, dass Cupertino bei den Ă€lteren Semestern kein KĂ€uferpotenzial mehr vermutet, wo es doch in den letzten Jahren vor allem um den Absatz mobiler GerĂ€te geht, deren Zielgruppe mutmaĂlich jĂŒngeren Alters ist? Das mag sein, nur wird ein FĂŒnfzehnjĂ€hriger nicht vielleicht ebenso gerne gesiezt und damit ernstgenommen, geht es doch schlieĂlich um den Erwerb nicht gerade billiger Produkte wie iPhones oder iPods, die besonders im Budget eines noch nicht unbedingt erwerbstĂ€tigen Jugendlichen ein ordentliches Loch hinterlassen?
Wohin fĂŒhrt das? Manche Sprachen kennen kein âDuâ und sind damit von Natur aus allen möglichen MissverstĂ€ndnissen ausgeliefert. So mĂŒssen englische Muttersprachler schon auf Anrede und Familiennamen zurĂŒckgreifen, um auf Abstand zu gehen und den Vornamen verwenden, um eine private AtmosphĂ€re herzustellen. Wer jedoch im Deutschen oder Französischen ganz bewusst von vornherein ein âDuâ einsetzt, der verzichtet freiwillig auf die nicht zuletzt in der GeschĂ€ftswelt ĂŒbliche Distanz und schafft auch dort NĂ€he, wo sie nicht unbedingt erwĂŒnscht ist, etwa in der Beziehung zwischen Hersteller und Verbraucher. Werden Apple-Kunden mit einem technischen Problem womöglich kĂŒnftig mit einem aggressiven âWas willst Du?â oder âDu schon wieder!â empfangen? Sind somit auch sĂ€mtliche Mitarbeiter von Apple DACH (Deutschland, Ăsterreich, Schweiz) fortan ungesiezt ansprechbar? So nach dem Motto: âDu Steve, senke bitte mal die Preise in Deutschland!â
Wer hier keinen Konflikt sieht, der möge sich nach Belgien begeben und die immer drastischeren AuswĂŒchse des Sprachenstreits beobachten, die derzeit in einem kaum zu ĂŒberbietenden politischen Desaster kulminieren. WĂ€hrend die NiederlĂ€ndisch sprechenden Flamen zwar das Siezen kennen, dennoch aber das Duzen bevorzugen, sehen die frankophonen Belgier der wallonischen Region und in BrĂŒssel das gĂ€nzlich anders und bevorzugen bei Unbekannten das unverbindlichere Sie. Es gehört fast zum Alltag der mehrheitlich frankophonen BĂŒrger in BrĂŒssel, dass einen völlig unbekannte Menschen vor den Kopf stoĂen und einfach so duzen, sofern diese niederlĂ€ndische Muttersprachler sind. Und so verwundert es auch wenig, dass Apple seine dortigen Kunden auf NiederlĂ€ndisch duzt und Französisch siezt âŠ
Holzauge sei wachsam, wenn ansonsten knallhart agierende Konzerne wie Apple plötzlich leutselig werden. Duzen ist als seriöse GeschÀftsgrundlage ungeeignet und gehört auf keine kommerziellen WWW-Seiten, mit Ausnahme vielleicht jene von Spielzeugherstellern. Die deutsche Sprache ist bereits hinlÀnglich vielen Verhunzungen ausgesetzt, der Wegfall eines Artikels ist da gÀnzlich unnötig. Was willst Du, Apple? Mein Geld?
David Andel