Kein internationaler Konzern

Ein internationaler Konzern

Apple ist ein internationaler Konzern, ergo vermarktet und verkauft er seine Produkte weltweit. So war es bislang wenig verwunderlich, wenn Steve Jobs seine Keynotes auch in anderen LĂ€ndern hielt und Produktneuvorstellungen ebenso außerhalb der USA stattfanden. Nach und nach jedoch wiederholten sich die exterritorialen Keynotes inhaltlich, Neuheiten gab es keine mehr, wĂ€hrend die Presseveranstaltungen in Köln, Paris und London immer bescheidener wurden und sich dann irgendwann vollstĂ€ndig in Wohlgefallen auflösten. Apple zeigte nur noch unlustig PrĂ€senz, gab sich wortkarg, brachte es gar fertig, den EuropĂ€ern in Köln und Paris 2007 kein einziges iPhone vorzufĂŒhren.

Nach 25 Jahren Apple Expo in Paris kĂŒndigte Apple vor kurzem schließlich seinen Stand und dĂŒrfte damit das Todesurteil ĂŒber die traditionelle Messeveranstaltung gefĂ€llt haben. Vorbei die opulenten Zeiten, zu denen gar das gesamte MusĂ©e d’Orsay fĂŒr einen Abend gemietet wurde, um das zwanzigjĂ€hrige MessejubilĂ€um zu zelebrieren. Kraft Cupertinos Desinteresse wurde die Apple Expo die letzten Jahre zum immer weniger motivierten Gemischtwarenladen, in den sich vorwiegend ortsansĂ€ssige Mac-JĂŒnger verirrten, dessen internationales Flair aber schon lĂ€nger verloren war.

Das offizielle Statement von Apple dazu lautete: „D’annĂ©e en annĂ©e, Apple rĂ©duit sa participation aux salons, car il existe souvent de meilleurs moyens d’entrer en contact avec nos clients. La popularitĂ© croissante du site web apple.com nous permet de toucher directement plus d’une centaine de millions de clients dans le monde entier par des moyens novateurs.“ (Jahr fĂŒr Jahr reduziert Apple seine Messebeteiligung, weil es oft bessere Mittel zur Kontaktaufnahme mit dem Kunden gibt. Die zunehmende Beliebtheit der Website apple.com erlaubt uns den innovativen und weltweiten millionenfachen direkten Kundenkontakt.)

Das inoffizielle Statement mĂŒsste natĂŒrlich anders lauten: „Jahr fĂŒr Jahr wird Apple immer sparsamer. MessestĂ€nde sind teuer, Kunden erreicht man billiger und unverbindlicher ĂŒbers Internet. Und da unsere Kunden unsere WWW-Seiten kennen, sparen wir uns Investitionen in andere Formen der Kontaktaufnahme.“

Der nĂ€chste Schritt zu noch mehr Sparsamkeit wĂ€re vielleicht die kostenpflichtige Live-Übertragung der Keynote, denn die Apple-Preise außerhalb der USA sind freundlicherweise ja schon höher. NatĂŒrlich hat die direkte Kontaktaufnahme auch ĂŒberhaupt nichts mit einer virtuellen zu tun, weswegen ein Vergleich wie in Apples Statement auch recht abenteuerlich ist. Da helfen selbst einige wenige Apple-LĂ€den in einigen wenigen GroßstĂ€dten nicht sonderlich. Dass ein Hersteller sich gegenĂŒber seiner internationalen Kundschaft mit nur einer Messeveranstaltung in der NĂ€he seines Firmensitzes schlicht ignorant verhĂ€lt, ist ein Schlag ins Gesicht aller Mac-Fans außerhalb der USA. Gegen nur eine jĂ€hrliche Messe wĂ€re sonst absolut nichts einzuwenden, wĂ€re der Austragungsort zumindest mal in Europa, mal in Asien und mal auf dem amerikanischen Kontinent. So jedoch bleibt jenen, die kein Interesse an einer USA-Reise haben, der „Live“-Kontakt zu Entwicklern und Herstellern aus aller Welt kontinuierlich verwehrt.

Man hat fast den Eindruck, Steve Jobs wÀre zu einer Art Konrad Adenauer mutiert, dem die deutsche Republik bekanntlich so sehr am Herzen lag, dass er deren Regierung direkt zu sich nach Bonn holte. Ebenso nagelt Steve Jobs seine Neuheitenmesse nun in San Francisco fest, der Rest der Welt schaut irgendwie zeitverzögert per Podcast zu.

Als Steve Jobs am 9. Juni in seiner Keynote zur Eröffnung der WWDC in San Francisco von der kĂŒnftigen Verbreitung des neuen iPhone in 70 LĂ€ndern schwĂ€rmte, hĂ€tte es ihm ja in den Sinn kommen können, dass auch Europa und Asien ĂŒber vorzĂŒgliche MessegelĂ€nde sowie ein interessiertes Publikum verfĂŒgen und Reisen in die mit allerlei skurrilen Maßnahmen abgeschotteten USA nur fĂŒr wirklich hartgesottene Fans interessant sind.

David Andel