Neville Chamberlain zeigt die mit NS-Deutschland getroffene Vereinbarung am 30. September 1938

Appeasement

Wenn Donald Trump als Ausrede zur grĂ¶ĂŸeren militĂ€rischen UnabhĂ€ngigkeit Europas missbraucht wird, stellt sich die Frage, wieso alle betroffenen Staaten in einer NATO verbleiben, die unter militĂ€rischem Befehl der USA steht?

Es ist ein MĂ€rchen, dass die USA der EU verdeutlicht hĂ€tten, wie wichtig militĂ€rische EigenstĂ€ndigkeit wĂ€re, wenn die ĂŒblichen Transatlantiker in nie da gewesener Panik ihrem waffenstrotzenden Herrchen untertĂ€nige Treue beweisen, indem sie genau das von den USA gesteuerte MilitĂ€rbĂŒndnis gehorsam aufrĂŒsten.

Die NATO war nie ein europĂ€ischer Waffenpakt, wie bereits der Name vorgibt: die North Atlantic Treaty Organization ist eine Organisation, die auf dem so genannten Nordatlantikvertrag beruht, also keine, die von Kontinentaleuropa ausgeht. Wer besagten Vertrag liest, stellt außerdem fest, dass es etwa fĂŒr Deutschland möglich wĂ€re, nach einer KĂŒndigungsfrist von einem Jahr aus dem Vertrag auszuscheiden. Die KĂŒndigung muss jedoch beim militĂ€rischen AnfĂŒhrer des BĂŒndnisses, also bei den USA erfolgen:

Nach zwanzigjĂ€hriger Geltungsdauer des Vertrags kann jede Partei aus dem Vertrag ausscheiden, und zwar ein Jahr, nachdem sie der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika die KĂŒndigung mitgeteilt hat; diese unterrichtet die Regierungen der anderen Parteien von der Hinterlegung jeder KĂŒndigungsmitteilung.

Artikel 13 des Nordatlantikvertrages

Wir erinnern uns, dass dies bislang noch nie der Fall war und auch das Ausscheren Frankreichs nur die Ablehnung des militĂ€rischen Oberbefehls der USA betraf. Der militĂ€rische Oberbefehlshaber der NATO ist ausnahmslos US-amerikanisch. Die LĂŒge der momentan auffĂ€llig obsessiv praktizierten Übermilitarisierung NATO-Europas ist daher nichts weiter als Appeasementpolitik gegenĂŒber einem weniger solventen US-amerikanischen FĂŒhrer, der weiterhin Großes vorhat, dazu aber mehr Geld benötigt.

Die Behauptung, dass uns diese extreme Verschwendung von Steuergeldern vor einem Angriff Russlands schĂŒtzen wĂŒrde, ist an GlaubwĂŒrdigkeit nicht zu unterbieten, da Russland weder daran interessiert ist, noch ĂŒber die FĂ€higkeit verfĂŒgt, Europa konventionell militĂ€risch zu ĂŒberrollen. Auch der Sinn des ganzen Unterfangens wĂ€re kaum zu erklĂ€ren, da jeder BĂŒrger von gesundem Menschenverstand sich ausmalen kann, dass alleine die GrĂ¶ĂŸe Europas Russland bei weitem ĂŒberforderte. Und was es in der EU noch an Werten gĂ€be, die zu erlangen es sich fĂŒr irgendwen lohnte, ist ausgesprochen rĂ€tselhaft. Chaotische politische VerhĂ€ltnisse, ĂŒberschuldete Staatshaushalte, abgenutzte Infrastrukturen, heruntergewirtschaftete Industrien, ĂŒberkommene gesellschaftliche Konzepte, ĂŒberbordende Verwaltungen – wer sollte das einnehmen wollen?

Our Own Appeasement Program (John Collins, 1939)
„Und was ist mit mir?“, fragt der Steuerzahler. Karikatur von John Collins („Our Own Appeasement Program“, 1939)

Das kindische SĂ€belrasseln, das uns nun dauerhaft und in extrem hohen Maße verschulden wird, ist nichts als Augenwischerei: die USA sollen zufriedengestellt werden, damit uns hohe Zölle erspart bleiben und der gewohnte Zugang zum US-Binnenmarkt fortbesteht. Ob sich dies angesichts der enormen Kosten ĂŒberhaupt lohnt, sei dahingestellt, zumal offensichtlich sein dĂŒrfte, dass dieser unvernĂŒnftige Schritt vor allem die US-Wirtschaft am Leben hĂ€lt und Europa weiterhin in allerlei Kriegsabenteuer verwickeln dĂŒrfte, deren Opfer nicht zuletzt als FlĂŒchtlinge eher in Europa als in den USA landen werden. Allein der nun drohende unerwartete letzte Akt der Ukraineposse sollte zu denken geben. Die AuffĂŒhrung des Finales, Russland zu ruinieren, wurde zu teuer, weshalb die Karawane militĂ€rischer Hasardeure weiter ziehen wird.

Dass die Mythomanen der transatlantischen Parteien darĂŒberhinaus ihre Eigeninteressen zu wahren gewillt sind, ist ansonsten nicht neu. Wer einmal am Blackrockzipfel hing, tut dies weiterhin. Aus den USA stammen schließlich all die SĂŒĂŸlupinen unserer transatlantischen Staatskannibalen. Jetset verpflichtet alle Westentaschen-Trumps, der Geldinstinkt stinkt nicht etwa, sondern lenkt, Politiker waren nie leidenswillig. Nach ihnen die dann garantierte Versenkung.

FĂŒr den DurchschnittsbĂŒrger sehen die Aussichten dĂŒster aus. Es ist unter anderem der deutsche Michel, der all die Wahnvorstellungen des Trump-Regimes mitfinanzieren darf, wozu nicht nur die blinde UnterstĂŒtzung des megalomanen Israels gehört, sondern auch die Besessenheit, das gerade erst hochgepĂ€ppelte China wieder gewaltsam deindustrialisieren zu wollen. NĂ€chster Halt: „Egal, was meine WĂ€hler denken, wir mĂŒssen China ruinieren!“ oder so.

Es ist schön, dass sich unsere Transatlantiker hunderte Milliarden spĂ€ter wieder entspannen dĂŒrfen. Wer hat, der hat. HĂ€sslich sind die darum aufgebauten Potemkinschen Dörfer und das Abgleiten Europas in ein unmĂŒndiges Etwas mit einem immer grĂ¶ĂŸeren rechtsextremen Kropf. Die USA sind die Sekte, die EuropĂ€er ihre JĂŒnger. Und wie bei allen Sekten geht es ums Geld. Eine Sekte isoliert, in einer Sekte gibt es nur einen FĂŒhrer. NatĂŒrlich werden alle Kriegsvorhaben scheitern, so wie sie es fast immer taten. Wer indes Parteien wĂ€hlt, die nur eigene Interessen und nicht die der Bevölkerung vertreten, der bekommt genau das.

David Andel