Anekdoten über Steve Jobs gibt es zuhauf, nur eines hat man von ihm noch nie gehört: dass er Humor hat. Schlimmer sogar, wer sich über Steve Jobs öffentlich lustig macht, der muss mit Post von Apples Anwälten rechnen. Leider färbt diese spaßfreie Sicht der Dinge allmählich auf den ganzen Konzern ab.
Vielleicht erinnert sich noch jemand an Apple-interne Videos aus den Neunzigern wie „Winsongs 95“ mit den Hit-Clips „Highway To Dell“, „Amazing Gates“, „What’s Bill Got To Do With It?“, „Mac In The USSR“, „It’s My PC And I’ll Cry If I Want To“, „It’s So Easy (To Use A Mac)“, „Killing Me Softly With Windows“ und „U Can’t Use This!“ oder die schrullige Sichtweise des QuickTime-Teams (mit Gil Amelio in einer Nebenrolle) über die soeben vollendete Fusion mit NeXT und stellt dann wehmütig fest, dass es damals eine ganze Menge Humor und ein ordentliches Maß Selbstironie in Cupertino gab. Das scheint sich mittlerweile geändert zu haben, denn seit der Rückkehr von Steve Jobs ins Unternehmen und einer damit einhergehenden fast unglaublich erscheinenden Erfolgswelle gibt sich das Unternehmen nach außen hin zunehmend verschlossener, paranoider, aggressiver und vor allem humorloser. Selbst aus den Apple-Werbespots ist jeder noch so kleine Spaß verschwunden, weder gibt es mehr die sagenhaft zugedröhnt wirkende Ellen Feiss, die uns mit berühmt-berüchtigtem schläfrigem Blick mühsam verständlich erklärt, was sie an ihrem Mac fasziniert, noch die Kabinettstückchen mit Herrn Mac (Justin Long) und Herrn PC (John Hodgman).
Auch andere durchaus unterhaltsame Apple-Werbespots erscheinen heute wie Bildfragmente vom anderen Stern. Längst klärt Jeff Goldblum nicht mehr das Publikum über seine Abneigung zu beigen Computern auf, stellt sich uns ein hüpfender Lampen-iMac selbst vor oder rast die Pro Mouse zu den Steppenwolf-Klängen von „Born To Be Wild“ durchs Bild. Nein, heutige Werbespots des Herstellers sind etwa so unterhaltsam wie Spitzendeckchen und nur noch langweilig verfilmte Prospekte mit familienfreundlicher Musik. Die rosarote Apple-Brille mal abgesetzt, kann es einen auch erschaudern lassen, wenn die üblichen Verdächtigen wie Jonathan Ive, Phil Schiller oder Bob Mansfield zu kitschigen Synthetik-Klängen mit gefühlten Tränen in den Augen vom gerade aktuellen Produkt wie einer neuen Heilslehre sprechen. Hierbei handelt es sich offenkundig um jene besondere Qualität von Schein-Interview, die Apple durchaus gerne mit der Presse führen würde, die allerdings noch nicht ganz so weit ist.
Apple macht seit einigen Jahren immer mehr den Eindruck, eine völlig Spaß- und Ironie-freie Zone zu sein, das wurde nicht nur vor kurzem durch das Verkaufsverbot einer Steve-Jobs-Spielzeugfigur deutlich, sondern wiederholte sich unlängst hinsichtlich der Twitter-Seite ceoSteveJobs, in der ein falscher iCEO seine tagtäglichen Gedankengänge öffentlich macht. Möchte man hier jede noch so kleine Kritik an den besonderen Verhaltensweisen des Konzerns und seinem charismatischen Vorstandsvorsitzenden schon im Keim ersticken, damit eines Tages nur ja kein Negativ-Image wie jenes um Steve Ballmer und Bill Gates herum entsteht?
„All work and no play makes Jack a dull boy“, lautet ein (durch Kubricks Film „The Shining“ berühmt gewordenes) Sprichwort aus dem englischen Sprachraum und beschreibt, dass derjenige zum Langweiler wird, dessen Leben ausschließlich aus Arbeit besteht. Apple ist jedenfalls über die Jahre ausgesprochen humorlos geworden, selbst die traditionellen Witze über Microsoft scheint man dort nicht mehr machen zu dürfen oder wollen. Immerhin, über Ellen Feiss kann man heute noch herzlich lachen.
David Andel