Blicken wir zurück. Der von Apple am 20. Juli 2000 auf der Macworld Expo in New York City vorgestellte Power Mac G4 Cube war trotz aller Innovation Spätgeborener einer zum baldigen Ableben verdammten Classic-Generation. Von Mac OS X kursierten einzig wenig alltagstaugliche Developer Previews, und die Public Beta erschien erst drei Monate später. Die 450 MHz-Variante des Würfels kostete zum Startschuss mit 4499 DM gerade mal 250 Euro weniger als heute ein Mac Pro mit acht Prozessorkernen und über sechsmal höherer Taktrate. Schon im Oktober des gleichen Jahres sank der Preis des Cube zwar um gut 500 Euro. Trotzdem verfehlte er seine Abnehmer, und Anfang Juli 2001 – gut drei Monate nach offizieller Einführung von Mac OS X – wurde das abermals im Preis herabgesetzte (zuletzt knapp 1500 Euro billige) und vom Markt nicht akzeptierte Modell schließlich eingestellt. Schon zur Macworld Expo kurz nach dem Todesstoß rechneten die Fans mit einem Nachfolger, der jedoch bis zum heutigen Tag auf sich warten lässt.
Sieben lange Jahre wurden nun zwar überstanden, eine Rückkehr des Cube ist aber immer noch fragwürdig. Mittlerweile tauchen sogar vermehrt Gerüchte über einen Nachfolger des Mac mini auf, dessen Formfaktor noch geringer sein soll als der momentan kleinste Mac – ein vollwertiger Desktop-Computer wäre dies kaum.
FĂĽr Apples Verweigerungshaltung sind zahlreiche GrĂĽnde vorstellbar, mit den Jahren werden es sogar immer mehr. So könnte der bewusst nicht verfĂĽgbar gemachte Mac midi als Zeichen dafĂĽr gewertet werden, dass sich der Unternehemens-prägende iMac danach zu schlecht verkaufen wĂĽrde. Cupertino sieht den iMac als tragenden Image-Faktor, was man dem Hersteller wohl kaum ausreden kann. Dass das auch nach hinten losgehen kann, zeigen die Qualitätsprobleme mit dem 20″ Display des iMac unmittelbar nach Auslieferung des letzten Modells. Statt diesen wie bei einem modularen Computer einfach austauschen zu können, reduziert der integrale Bestandteil Bildschirm unweigerlich den gesamten Nutzen des Konzepts.
Auch ein zu profanes Design wäre möglicher Anlass für die Nichtexistenz eines Mac midi. Ein schnöder mittelgroßer Tower so ganz ohne Charisma, also zumindest zündende gestalterische oder technologische Idee würde Apple kaum stehen. Der Cube war ein solches Beispiel technologischer Klasse statt Masse, sein Konzept wurde von Cupertino jedoch offenkundig vergessen. Währenddessen werden auch die letzten Cubes nach und nach ausgemustert, dem permanenten Hunger nach immer mehr Ressourcen ist ein Computer mit höchstens 500 MHz Taktfrequenz einfach nicht mehr gewachsen, auch dann nicht, wenn der ursprüngliche Prozessor gegen einen schnelleren G4 ersetzt wurde.
Ein Mac midi müsste zudem ein sehr knapp kalkuliertes Gerät sein. Für viele Käufer hat Design so gut wie keinen Wert, wohingegen die Konkurrenz gerade im Bereich der mittelgroßen Tower mörderisch ist. Ein zweites Mal wird Apple keinen Cube-Ladenhüter riskieren wollen, zumal die momentanen Turbulenzen am Aktienmarkt alles andere als beruhigend erscheinen und selbst kleine Patzer große Nachwirkungen entfalten können.
LieĂźen sich auch Macintosh-Traumkonfigurationen im Apple Store bestellen, so wäre dies fĂĽr viele eine Neufassung des Cube. Kaum ein „Oldtimer“ Apples wirkt immer noch so jung, war nach seiner Einstellung derart begehrt, fand eine solch hohe Zahl von Bietern bei Online-Auktionen und wĂĽrde sich heute mehr denn je fĂĽr die so populäre Integration in multimediale Wohnräume eignen. Das Konzept einer kompakten lautlosen Maschine mit vollwertiger Grafikkarte und Festplatte im 3,5″-Format wäre ĂĽberaus reizvoll, erst recht, bliebe es beim gesockelten Prozessor des Mac mini. Aber es lohnt sich wenig, Träumen von Schlössern, die im Monde liegen, anheim zu fallen. Nach Jahren des Einsatzes eines MacBook Pro als Desktop-Ersatz hat schlieĂźlich auch der Verfasser dieses Beitrags das Warten aufgegeben und einen monströsen Mac Pro unter seinen Schreibtisch gestellt …
David Andel