Als es in dieser Rubrik vor genau vier Jahren um die zahlreichen Anglizismen in der deutschen Sprache ging, war lĂ€ngst absehbar, dass sich die Situation eher verschlechtern als verbessern wĂŒrde. Schon damals wurden Titel aktueller US-KinoreiĂer nicht einmal mehr ĂŒbersetzt, was einem zwar Filmtitel wie âIm Sauseschritt ins DĂŒnenbettâ anstelle von âSpring Breakâ ersparen konnte, andererseits aber den Eindruck hinterlĂ€sst, als wĂ€ren unsere Mittel zur Kommunikation armselig und einfallslos, wohingegen die USA nun in die Rolle des Landes der Dichter und Denker geschlĂŒpft sind.
Selbstredend ist das völlig falsch, allerdings sind Medien- und IT-Unternehmen gröĂtenteils dem angelsĂ€chsischen Sprachraum verbunden und dominieren daher auch unsere und andere MĂ€rkte, was nicht zuletzt ebenso die Ăberflutung einer damit einhergehenden Begriffswelt erklĂ€rt. Hinzu kommt, dass auch ein finanziell gebeutelter US-Markt zusammen mit GroĂbritannien und Irland riesig ist und Vermarktungsstrategien sich deutlich vereinfachen, wenn man ihre Begriffswelt nicht individuell auch noch dem winzigen GroĂherzogtum Luxemburg (ja, dort gibt es eine eigene Sprache) anpasst. Das Resultat wĂ€re glatt eine âBelgifizierungâ, also die Ăbernahme des belgischen Sprachkrieges, in dessen Verlauf sich die Separatisten unter den Flamen und Wallonen seit Jahrzehnten gegenseitig verrĂŒckt machen, weshalb auf jeder Schokoladentafel mindestens zweisprachig draufsteht, was drin ist (oft sogar dreisprachig, denn es gibt in Belgien auĂerdem eine deutsche Minderheit).
Es ist also noch verstĂ€ndlich, wenn viele Markenzeichen, Titel und Werbeslogans nur in einer Variante publik gemacht werden, nĂ€mlich der englischsprachigen. Zwar war auch dies in der Vergangenheit mal anders, sodass Tintin aus BrĂŒssel auf niederlĂ€ndisch Kuifje, auf griechisch, tĂŒrkisch und persisch Tenten, im arabischen Sprachraum Tin Tin, in Esperanto TinÄjo, auf islĂ€ndisch Tinni, portugiesisch Tintim, tschechisch Tintine, baskisch Tintinen, finnisch Tintti, in Latein Titinus, friesisch Tufke und auf Twents Tuufke heiĂt. Ăhnlich erging es den zahlreichen Figuren aus Entenhausen, deren weltweite Namensvielfalt den Rahmen dieses Beitrags bei weitem sprengen wĂŒrde. Doch nehmen wir es dem Carlsen-Verlag mal nicht ĂŒbel, dass er aus Harry Potter keinen Harald Töpfer gemacht hat âŠ
Absolut seltsam ist und bleibt jedoch, wenn einfach Begriffe in unseren Sprachschatz ĂŒbernommen werden, fĂŒr die ohne weiteres auch lokale Wortvarianten hĂ€tten ersonnen werden könnten. Oft geschah und geschieht dies nur deshalb nicht, weil der zuvor unbekannte Begriff ĂŒber den sprachlich weniger gewandten Internet-Enthusiasten in unsere Gefilde transportiert und damit viel zu vorbehaltlos ĂŒbernommen wird. Bis dann eine âoffiziellereâ Ăbersetzung folgt (und die lautete im Falle des Tabs seltsamerweise nicht etwa âReiterâ, sondern âTitelâ), ist es lĂ€ngst zu spĂ€t, und ein Tab oder einer seiner Kollegen hat ganz ohne Widerstand die Macht ergriffen. Das erklĂ€rt zumindest die Safari-Tabs, die nach jenen von Corega und Persil so rein gar nichts mehr mit der Form von groĂen Tabletten gemein hatten.
Und die Tab-Fangemeinde darf sich freuen: Ab sofort gibt es neue Tabs! Diesmal noch markanter, nĂ€mlich mit einem âpâ am Ende. Dem iPhone sei Dank, wird auf dem neuen GerĂ€t nur noch âgetaptâ und nicht mehr getippt (was die Ăbersetzung wĂ€re). Tippen wurde lĂ€ngst abgeschafft, auch beim Lotto wird nur noch gespielt. Beim iPhone wird fortan ganz besonders lĂ€ssig ausschlieĂlich getapt statt getippt. So kann sogar Horst Tappert im Dunkeln ta(p)pe(r)n, wenn er auf einen Tab tapt â das Display ist ja beleuchtet. Unser Tipp: mit dem rechten Zeigefinger dreimal auf die rechte SchlĂ€fe tapen/tippen hilft immer âŠ
David Andel