Larry Ellison (2010)

Hilfe von außen, Teil 1

Apple ist nicht dafĂŒr bekannt, Laurence J. Peters Prinzip zu favorisieren, das besagt: „In einer Hierarchie neigt jeder BeschĂ€ftigte dazu, bis zu seiner Stufe der UnfĂ€higkeit aufzusteigen.“ Aus diesem Grund verlassen wir Apple und sehen uns außerhalb nach Jobs-Nachfolgern um. Der erste Teil widmet sich Lawrence Joseph (Larry) Ellison, der mit Steve Jobs eng verbundene Vorstandsvorsitzende von Oracle.

Wer den Wikipedia-Eintrag von Ellison liest, stellt sofort eine Reihe von Gemeinsamkeiten mit Steve Jobs fest. So war Ellison zwar kein Adoptivkind, doch erblickte er als uneheliches Kind das Licht der Welt, brach wie Jobs sein Studium ab und gilt heute als Exzentriker und Vermarktungsgenie. Der Fotograf auf Ellisons Hochzeitsfeier mit seiner vierten Frau Melanie Craft Ende 2003 hieß ĂŒbrigens Steve Jobs.

„Ich werde auch weiterhin Steve und dem Executive Management Team von Apple mit meinem Rat zur VerfĂŒgung stehen. Aber durch meine enge Terminplanung kann ich nicht mehr an allen Aufsichtsratssitzungen teilnehmen, um meiner Rolle als Aufsichtsrat gerecht zu werden“, hieß es im September 2002 in einer Pressemitteilung von Apple, die einer Titelstory der US-Zeitschrift BusinessWeek nur wenige Tage zuvorkam, in der Apple als eines der acht Unternehmen mit dem schlechtesten Vorstand gelistet wurde. Das Blatt war der Auffassung, jene Unternehmen ĂŒberkompensierten ihre oft theatralisch agierenden VorstĂ€nde, die beim Aufdecken oder Beenden von Fehlverhalten in ihrer unmittelbaren NĂ€he jedoch versagten. Zu den aufgezĂ€hlten Unternehmen gehörte auch die Bekleidungskette Gap, zu deren Vorstand damals (die Meldung vom 3. Oktober 2002 las sich Ă€hnlich wie jene von Ellison) der uns bekannte Steve Jobs gehörte und deren Vorstandsvorsitzender Millard Drexler unverĂ€ndert im Apple-Vorstand weilt.

Larry Ellison und Steve Jobs gingen Ende 2002 wieder beruflich getrennte Wege, zumindest offiziell. Der Titel einer in den USA erschienen Ellison-Biografie lautet „The Difference Between God and Larry Ellison“ (Der Unterschied zwischen Gott und Larry Ellison) und lĂ€sst beim geneigten Leser keinen Zweifel an der ÜberlebensgrĂ¶ĂŸe des Oracle-GrĂŒnders aufkommen. Genau wie Jobs verfĂŒgt Ellison zwar ĂŒber JĂŒnger, fĂŒhrt jedoch im Gegensatz zu Papa Apple den Lebensstil eines Popstars (Sportskanone mit Segelyacht, Kampfjet-Pilot, Partylöwe und legendĂ€r charmanter Frauenheld), vergleichbar allenfalls mit jenem des britischen Abenteurers und Virgin-GrĂŒnders Richard Branson. Dem „Dschingis Kahn“ des Silicon Valley (so ein frĂŒherer Mitarbeiter von Oracle) wĂ€re es durchaus recht gewesen, „auf das Hauptquartier von Microsoft eine Rakete zu schießen“, womit er den Trend zum Erstschlag der Regierung George W. Bush zumindest verbal um Jahre vorwegnahm.

Vor Apples NeXT-Übernahme wollte Ellison zusammen mit Jobs Apple auch mal direkt kaufen, denn der Niedergang des Unternehmens schien zu dieser Zeit unaufhaltsam. Der stets in MaßanzĂŒgen vom eigenen Schneider auftretende SechsundsechzigjĂ€hrige hielt seinen bodenstĂ€ndigeren Kumpel Steve immer fĂŒr den eigentlichen AnfĂŒhrer des letzten Herstellers von Personalcomputern, der dem Reich des „PC-Papstes“ (Ellison ĂŒber Bill Gates) widerstand. Und kaum war Jobs wieder iCEO von Apple, erschien denn auch der iMac, ein in sich geschlossenes System, das der Netzcomputer-Vision von Ellison auffĂ€llig nahe kam, nur noch ein bisschen zu klug und eigenstĂ€ndig war. Und wie sollte es anders sein, Apple holt heute vieles von dem nach, wozu es einst noch nicht die Marktmacht hatte. Zu den wesentlichen EinflĂŒssen Ellisons auf Apple gehörte GerĂŒchten zufolge auch die Umwandlung des zunĂ€chst kostenfreien Dienstes iTools in den kostenpflichtigen Dienst namens .Mac im Sommer 2002, heute MobileMe. Trotz seines schon recht hohen Alters ist Ellison aufgrund seiner engen Bande zu Steve Jobs ein sehr wahrscheinlicher Nachfolger fĂŒr die Leitung des Apple-Vorstandes, der ja vor allem die Rolle eines Katalysators spezialisierterer KrĂ€fte wie Ive, Forstall, Schiller und Cook ĂŒbernehmen mĂŒsste.

David Andel