… das ist das Beste, was es gibt auf der Welt! So könnte man in Abwandlung eines Marschliedes über Freundschaft, das Werner Richard Heymann 1930 für das Gesangsschmonzette Die Drei von der Tankstelle geschrieben hat, die derzeitige Begeisterung wertewestlicher Politiker umschreiben. „Auch wenn die ganze Welt zusammenfällt“ heißt es darin weiter und sagt im Grunde genommen schon alles.
Ein bellizistisches Detail, denn Waffen sind schön, Waffen sind gut und Waffen sind sogar nachhaltig. Ganz heiß ist der Slogan, dass Waffen dem Frieden dienen, den sie zuvor noch unterbrachen, so sie sprachen. Frieden ist aber außer Mode, weshalb das alles wiederum keinen Sinn ergibt. Auf jeden Fall gilt, dass kriegs- weit besser als friedenstüchtig ist, da kein Mensch mehr Frieden will und wenn doch, er nur über einen Krieg hergestellt werden kann, sodass Krieg dauernd vorherrscht: um dem Frieden zu dienen, Frieden zu wahren oder Frieden zu unterbrechen!
Um aus kriegsfaulen Lumpen oder friedenstüchtigen Staatsfeinden kriegsgeile Gesellen zu machen, muss Leben abschreckend und Tod attraktiv werden. Sterben und sterben lassen ist das Los des soldatischen Mörders in der Lotterie des wertewestlichen Dauerkampfes. Noch sehen wir blutdürstige Stubenkrieger ihre Worte nicht in Taten umsetzen. Noch gibt es kein Versprechen dazu, auch nicht für die nächste Legislaturperiode. Für Kriege gibt es aber größere Spezialisten als deren Geburtshelfer aus Politik und Presse. Und die Beseitigung der Unterschicht ist das beste Rezept gegen Arbeitslosigkeit und ausufernde Sozialhilfe. Einfache Soldaten stammen aus einfachen Verhältnissen. Den Hunger des Schlachtfelds mit armem Kanonenfutter zu stillen ist eine Kurzzeitinvestition mit hoher Rendite. Sozialhilfe gibt es erst nach einjährigem Frontkampf – auf Hartz IV folgen NATO V und Friedhof VI.
Frieden kann, soll und darf nicht sein, denn ohne Tod nix los. Jetzt stell’ Dir das doch nur mal vor – der Dichter Carl Sandberg, seines Zeichens Freiwilliger im Spanisch-Amerikanischen Krieg, ist an allem Schuld und stellte es sich 1936 vor: ein Krieg wird erklärt und keiner geht hin! Keiner! Wirklich niemand! Leere Schlachtfelder, rostende Panzer, eingemottete Kampfflugzeuge, orientierungslose Haubitzen und vergammelnde Granaten. Und dann? Dann lernen wir alle Russisch, so wie wir das seit 1945 mit Englisch tun. Wozu, bitte schön, zwei Fremdsprachen?
Wie die Kriegstüchtigmachung aussehen und ausgehen könnte, kann auf kleinen und großen Leinwänden bewundert werden, hier im englischsprachigen Original. Die Szene stammt aus diesem Film:

Harold: Ich hätte nie gedacht, dass es so aufregend ist.
Onkel Victor: Es ist die aufregendste Sache der Welt, Harold.
Harold: Sein eigenes Leben aufs Spiel zu setzen.
Onkel Victor: Ja.
Harold: Du tötest. Der Geschmack von Blut in deinem Mund.
Onkel Victor: Der Moment der Wahrheit.
Harold: Das Leben eines anderen in deinem Visier!
Onkel Victor: Ja!
Harold: Bringt man mir bei, zu schieĂźen?
Onkel Victor: NatĂĽrlich. Verschiedene Waffen.
Harold: Auch ein Bajonett?
Onkel Victor: Ja!
Harold: Auch Nahkampf?
Onkel Victor: Ja.
Harold: Jemanden zu erwĂĽrgen, zu erdrosseln!
Onkel Victor: Nun …
Harold: Sein Leben mit eigenen Händen auszuquetschen.
Onkel Victor: Das ist etwas ĂĽbertrieben, Harold.
Harold: Seine Kehle aufschlitzen?
Onkel Victor: Ich weiĂź nicht.
Harold: Das würde mir gefallen. Man könnte das Blut spritzen sehen.
Onkel Victor: Nun …
Harold: Was ist mit Trophäen?
Onkel Victor: Trophäen?
Harold: Von meinen Opfern. Augen, Ohren, Nasen, Skalp, Weichteile.
Harold wird kriegstĂĽchtig gemacht. Dialogauszug aus Harold And Maude (1971)
Es folgt ein skurriler Kampf um den von Harold mitgebrachten Schrumpfkopf, der mit dem Verlust des künstlichen Arms von Onkel Victor endet, sodass dieser nicht mehr aufhören kann, mit dem verbliebenen Ärmel zu salutieren.
Wenn man von einer Kugel oder einem Schrapnell getroffen wird, dann ist der Körper eröffnet. Meistens fliegt das Projektil durch den Körper durch. Dabei werden Organe und Gewebe zerstört und es kommt zu einer Blutung nach außen. Wir wissen aus den Einsätzen der Bundeswehr, dass ungefähr nach 45 Minuten die Hälfte der Verletzten verbluteten.
Aus Wie sieht eine typische Kriegsverletztung aus? von Oberstarzt Prof. Dr. Benedikt Friemert
Krieg ist verheißungsvolle Aktion: Amputation, Entstellung, Erblindung, Fraktur, Kriegszittern, Schuss-, Stich- oder stumpfe Verletzung, Taubheit, Tod, Trauma, Verbrennung, Verblutung, Verstümmelung und Zerstörung von Muskulatur, Knochen, Organen und Sehnen.
Frieden strotzt dagegen vor Langweile: bunte Blumen, blauer Himmel, Freundschaft, Genuss von Speisen, Getränken und Gesprächen, Gesundheit, Humor, Kreativität, Liebe, Literatur, Malerei, Müßiggang, Musik, Nachdenklichkeit, Schönheit, Sonnenschein, Spaß, Spaziergänge und Urlaubsreisen.
Wer sollte da noch zögern wollen und wozu?
Es gehen durchs weite Feindesland
Walter Flex, aus dem Gedicht Feinde ringsum!, 1915
Viel weite, breite StraĂźen,
Und rechter Hand und linker Hand
Dehnt sich der grĂĽne Rasen.
Voran, voran!
Den toten Mann
Legt in den kĂĽhlen Rasen!
Sieg sollt ihr darĂĽber blasen!

Jeder Krieg mit Russland ist willkommen! Das größte Land der Welt ist fette Atommacht und die subtile Methode, es konventionell so lange zu reizen, bis es atomar nicht mehr hadert, ist sehr viel geiler als russisches Roulette. Ist es erst ruiniert, wird beschlossen, was damit zu tun ist. Und wenn das nicht klappt, wird aufs Neue hochgerüstet. Mit Frieden geht das nicht, verstanden?
In den Kasernen muss die Dummheit wohl grenzenlos sein.
David Andel