Manch ein Verleger mag sich bereits gierig die Hände reiben und kühne Expansionsgedanken hegen, nimmt er die Gerüchte über einen App Store für journalistische Inhalte um Apples irgendwann vielleicht erhältlichen Tablet-Mac ernst, doch könnte das auch das Ende seiner geschäftlichen Aktivität bedeuten.
Während in einem traditionellen Verlag Inhalte eine immer untergeordnetere Rolle spielen und zuweilen auch Schleichwerbung ganz unverblümt als redaktioneller Geistesblitz gerechtfertigt wird, ist dieser vom Kommerz beliebte Trampelpfad aus Indoktrination des Publikums, starrem Blick aufs Geld der Werbekunden und geschärfter Schere im Kopf des Schreibvolks beim direkten Verkauf an den Leser kaum mehr begehbar. Auch bedarf es keines großen und teuren Personalapparates mehr fürs Layout, für den Verkauf von Anzeigen, für den Vertrieb und für die Verwaltung, denn es gibt keine hohen Druck- und Vertriebskosten mehr, geschweige denn ein Verlagsgebäude. Somit würde letztlich alles vom jahrelang immer schlechter entlohnten und entwerteten Inhaltsknecht, dem Autoren nämlich, abhängen, der längst verlernt hat, was es heißt, eine eigene Meinung kundzutun und ihr auch in stürmischen Zeiten treu zu bleiben.
Was auch immer sich also Medienkonzerne von einem Bezahlsystem für Inhalte versprechen, sie unterliegen einem Irrtum. Sobald es einheitliche und erfolgreiche verlagsübergreifende Plattformen zum Verkauf journalistischer Inhalte gibt, tritt wieder der Journalismus in den Vordergrund, während Verlage zunehmend überflüssig werden. Journalisten dürften letztlich erfreut sein, wenn sie vom Publikum ein derart unterbreitetes Angebot zur Emanzipation erhalten, allerdings geschieht dies nicht ganz gefahrenfrei, denn auch die Distributoren könnten irgendwann an verlegerähnlichen Zielsetzungen erkranken.
Außer manch selbstgekrönten Majestäten gibt es – im Gegensatz zur Musikindustrie – im Journalismus sehr viel weniger Stars und Sternchen, auch bedarf es weder wiederholter Live-Auftritte noch exhibitionistischer multimedialer Prostitution, denn was zählt, das sind gut getroffene Worte und Inhalte. Ganz klar jedoch, wer künftig nicht schreibt, was gelesen oder zumindest gekauft wird, der kann es schmerzlich zu spüren bekommen. Das kann zu Hochmut aber auch zu Frustration führen, ist aber auf jeden Fall interessanter und lehrreicher als jeder Verleger, der sich für Lieschen Müller hält, daraus eine inhaltliche Richtlinie zimmert und dogmatisch umsetzt. Ein Verleger wird damit schnell zum Kutscher des 21. Jahrhunderts und muss geschäftlich umsatteln, ist er nicht gerade an den Verkaufsportalen beteiligt, eine Möglichkeit, die bei Apple jedoch kaum dauerhaft bestehen dürfte.
Die Demokratisierung des Vertriebs der Inhalte ist vorerst noch ein feuchter Traum, denn wer weiß schon, zu welchen protektionistischen Kapriolen die zahlreichen Existenzängste insbesondere traditionell ausgerichteter Medienkonzerne führen werden. So lässt selbst die New York Times mittlerweile einzelne Artikel durch Spenden finanzieren. Die neue Ausprägung des Journalismus funktioniert aber schon längst dort, wo sowieso fast alles kostenlos ist oder so wahrgenommen wird, als Prototyp sozusagen. Denn was es im Netz bereits zu lesen gibt, ist nicht selten von hoher Qualität und erfrischender Andersartigkeit. Was nur noch fehlt, das ist der Direktverkauf der Erzeuger an die Abnehmer, mal ganz ohne Verlage.
David Andel