Ceci n’est pas un tĂ©lĂ©phone

Belgisches iPhone

Belgien hat in Sachen Apple seit kurzem einen großen Vorteil – und einen großen Nachteil. Dort gibt es das iPhone 3G ohne jeden Vertrag, ohne jeden Zwang, eine bestimmte SIM-Karte verwenden zu mĂŒssen. Das ist ein Vorteil, weil man sich dadurch unglaublich hohe laufende Kosten sparen kann. So bietet der belgische Provider Mobistar, der gleichzeitig das iPhone vertreibt, beispielsweise neben drei speziellen iPhone-Tarifen auch einen zum normalen Telefonvertrag zuschaltbaren Datentarif (EGDE, 3G, HSDPA) mit monatlicher KĂŒndigungsfrist, der entweder mit 18 (200 MB) oder 30 Euro (zwei GB) pro Monat zu Buche schlĂ€gt.

Wer nun fĂŒrs Telefonieren irgendwas zwischen fĂŒnf und zehn Euro monatlich an GrundgebĂŒhr zahlt, kann sich jeweils ĂŒberlegen, ob er gerade die große oder kleine Datenoption zusĂ€tzlich braucht, oder ob er die kommenden Wochen die meiste Zeit im WLAN zuhause verbringen wird – praktischer geht es nicht. Und auch wenn der geneigte Anwender aus einem anderen Land als Belgien kommt, dann kann er sich dank des „freien“ belgischen iPhones jede x-beliebige SIM-Karte erlauben, diese sogar als möglicher vieltelefonierender Vielreisender in jedem Land wechseln und damit die immer jeweils gĂŒnstigsten Tarife in Anspruch nehmen.

Als Nachteil zu sehen ist die Sache mit dem freien belgischen iPhone jedoch insofern, als dass es tatsĂ€chlich alles andere als frei verfĂŒgbar ist, es wird nĂ€mlich nur in homöopathischen Dosen vertrieben. Wochenlang wurden die Mobistar-Niederlassungen im ganzen Land mit maximal vier GerĂ€ten pro Tag beliefert, jeweils zwei schwarze iPhones mit acht GB RAM sowie ein weißes und ein schwarzes mit 16 GB RAM. Die Lieferungen erfolgten fĂŒr die Shop-Filialleiter unvorhersehbar zwischen zehn Uhr morgens und 16 Uhr nachmittags, Vorbestellungen wurden nur in den ersten zwei Wochen nach Verkaufsstart angenommen, der Verwaltungsaufwand und der nicht selten damit verbundene Kundenfrust waren einfach zu groß. Fast sĂ€mtliche der in den grĂ¶ĂŸeren Filialen bis zu zehn eingehenden Anrufen pro Stunde bezogen sich auf die iPhone-VerfĂŒgbarkeit, in so gut wie keinem Fall fĂŒhrte die telefonische Nachfrage zum Erfolg. Die Apple-Telefone kamen zufĂ€llig an und wurden mehr oder weniger zufĂ€llig verkauft – manche der hartgesottenen Fans warteten auch einfach vor der TĂŒr bis es soweit war.

Seit kurzem wurden die Lieferungen nach Belgien zudem drastisch reduziert, manche HĂ€ndler haben schon seit zwei Wochen kein iPhone mehr gesehen, auch wenn die gesamte Ă€ußere LadenflĂ€che der Mobistar-Shops nach wie vor ĂŒberlebensgroß darauf hinweist, dass es nun verfĂŒgbar wĂ€re. Interessanterweise tauchen belgische und italienische iPhones aber plötzlich bei allerlei HĂ€ndlern in Deutschland und andernorts auf, wie auch immer dies zu erklĂ€ren ist. WĂ€hrenddessen darf sich schließlich die indische Bevölkerung ĂŒber die ausreichende VerfĂŒgbarkeit des GerĂ€tes freuen, dort wird es als im Laden sofort verfĂŒgbar angepriesen.

Urplötzlich wurde es nun fĂŒr viele Tage unter der offiziellen Bestelladresse im WWW wieder verfĂŒgbar. Belgier konnten es dort erstmals ĂŒber einen lĂ€ngeren Zeitraum als nur ein paar Minuten problemlos bestellen, Bewohner anderer LĂ€nder nicht. Denn weder wurde an eine Anschrift außerhalb von Belgien geliefert, noch ließ sich die Rechnung auf ein anderes Land als Belgien ausstellen. Ja, so ist das heute im vereinigten Europa und seiner Hauptstadt. Wohl dem, der keine Umsatzsteuer-Voranmeldung zu erleiden hat.

Der Verfasser dieser Zeilen hat sein iPhone ganz normal im Mobistar-Flagstore in BrĂŒssel am 12. Juli bestellt und am 17. erhalten, ironischerweise in der falschen Farbe, was ihm aber letztlich egal war. Zwei Monate spĂ€ter hat sich die Liefersituation erstaunlicherweise nicht entspannt, sondern eher verschĂ€rft. Eine durchschaubare Strategie scheint hinter all dem nicht zu stecken, allenfalls die Erkenntnis, dass es schönere TĂ€tigkeiten gibt, als um den Kauf eines dĂ€mlichen Telefons zu kĂ€mpfen 


David Andel