Apple Pay

Wohin mit dem ganzen Geld?

Die Frage stellt sich nach jeder Veröffentlichung der Apple-Quartalszahlen erneut. Was wird Apple mit dem ganzen Geld machen, das sich in fast unheimlichen GrĂ¶ĂŸenordnungen Jahr fĂŒr Jahr vermehrt? Was könnte die Produktlinie des Herstellers noch sinnvoll ergĂ€nzen? Was können andere, was Apple nicht kann?

Bevor sich Apple im Dezember 1996 NeXT samt Steve Jobs einverleibte, gab es fast monatlich neue GerĂŒchte ĂŒber eine unmittelbar bevorstehende Übernahme von NeXT. Unter anderem Sun und Silicon Graphics waren damals als KĂ€ufer im GesprĂ€ch, nur auf Apple wĂ€re niemand gekommen, schien die Distanz zu Jobs doch unĂŒberbrĂŒckbar groß, die Verhandlungen mit Jean-Louis GassĂ©e und seiner Firma Be waren dem Hörensagen nach außerdem weit fortgeschritten. Apple war der unwahrscheinlichste aller KĂ€ufer und schlug dennoch zu. Apple hat seither nicht aufgehört zu wachsen und ist damit heißer Kandidat fĂŒr allerlei neue ÜbernahmegerĂŒchte, deutlich ĂŒber 50 Milliarden US-Dollar an Vermögen könnte man in Cupertino fĂŒr derlei ZukĂ€ufe locker machen.

Prominentestes Beispiel fĂŒr vergangene Spekulationen ist der japanische Unterhaltungselektronik-Konzern Sony. Dessen progressiver MitbegrĂŒnder Akio Morita gehörte jener Unternehmerkategorie an, der man getrost auch Steve Jobs zurechnen kann. Morita galt als detailverliebt, schĂ€tzte als Fan der dĂ€nischen Marke Bang & Olufsen gutes Design und war die treibende Kraft hinter der EinfĂŒhrung des Verkaufsschlagers und iPod-VorgĂ€ngers Walkman. Nur hat sich Sony lĂ€ngst vom kreativen Geist Moritas fortentwickelt, Sony ist heute vor allem groß, trĂ€ge und protektionistisch. Den 168.000 Mitarbeitern Sonys stehen gerade einmal 46.000 Mitarbeiter Apples gegenĂŒber, sorgen dennoch aber fĂŒr einen vergleichbaren Umsatz (65,23 Milliarden/Apple und 77,21 Milliarden/Sony US-Dollar waren es 2010), wobei Sony leichte Verluste und Apple ordentliche Gewinne schreibt. So schön die Vision einer Sony-Übernahme durch Apple von weitem also aussĂ€he, so absurd wĂ€re diese doch bei genauerem Hinsehen. Zu viele GeschĂ€ftsbereiche von Sony wĂŒrde Apple nicht haben wollen, zu riesig wĂ€re die Geldmenge fĂŒr den Kauf, zu risikoreich anschließend das Abstoßen nicht benötigter Unternehmenszweige.

Interessanterweise setzte Sony unlĂ€ngst bei einem Projekt zur Schaffung einer einheitlichen OberflĂ€che fĂŒr kommende elektronische GerĂ€tegenerationen auf frei verfĂŒgbare NeXT-Technologie, um das Vorhaben dann kurze Zeit spĂ€ter wieder einzustampfen. Einer der GrĂŒnde dafĂŒr könnte auch ein Apple-Veto gewesen sein.

Über die im Herbst spekulierten anderen Übernahmekandidaten muss ebenfalls eher der Kopf geschĂŒttelt als Beifall bekundet werden. So mag Adobe zwar ein Konzern sein, der Apple mit seinen Produkten zuweilen im Weg steht, mit NeXT gewisse Schnittmengen wie Display PostScript hatte und dessen Übernahme hinsichtlich bestimmter Technologien fĂŒr positive Effekte sorgen könnte, doch verfĂŒgt Apple bereits ĂŒber Produkte und Technologien aus dem KerngeschĂ€ft von Adobe, die den Kauf des fast 9.000 Mitarbeiter umfassenden Konzerns nicht allzu interessant erscheinen lassen. Was wĂŒrde Apple mit der Creative Suite, was mit Flash wollen?

Und Disney als der dritte genannte Übernahmekandidat erscheint bei weitem zu ineffizient, um fĂŒr Apple als Ganzes attraktiv zu sein, auch wenn Steve Jobs bereits infolge der Pixar-Übernahme durch Disney Mitglied des Vorstandes ist und sieben Prozent am Unternehmen hĂ€lt. Zwar ist Disney mit weniger Mitarbeitern als Sony immer noch deutlich profitabler, nur ist unklar, welchen Vorteil Apple von einer solchen Übernahme hĂ€tte. Außer dem profitableren Vertrieb des gesamten Disney-Filmkatalogs ĂŒber den iTunes Store gibt es kaum eine Gemeinsamkeit, aus der sich eine profitablere Zukunft entwickeln ließe.

Die dĂ€nische Saxo-Bank wagte Ende 2010 schließlich in ihren alljĂ€hrlichen „Outrageous Predictions“ die Prognose, Apple werde 2011 das Social-Media-Netzwerk Facebook ĂŒbernehmen, dessen Wert von der Online-Handelsplattform SharesPost, Inc. auf 41 Milliarden US-Dollar geschĂ€tzt wĂŒrde und damit einen Gutteil von Apples Barreserven benötigte. Nur welchen Vorteil hĂ€tte ein solides Unternehmen mit solidem GeschĂ€ftsmodell wie Apple von einem Unternehmen ohne gesichertes GeschĂ€ftsmodell und langfristige Zukunftsaussichten wie Facebook? Nur weil Facebook der aktuelle Internet-Hype ist, kann das morgen schon völlig anderes aussehen. Abschreckende Beispiele fĂŒr Internet-Hype-Investitionen aus der Vergangenheit sind die Murdoch-Akquisition von Myspace und die Fusion von AOL und Time Warner. Dann doch lieber Sony.

So bleiben vorerst wohl nur die kleineren und effizienteren Unternehmen fĂŒr Apple interessante Übernahmekandidaten, um die es sich mit Mitbewerbern wie Google aber regelmĂ€ĂŸig wird streiten mĂŒssen. Oder will Apple sein Geld ganz einfach behalten?

David Andel