HĂŒtchenspieler

Halb so gut, doppelt so teuer

Wer gute Ohren hat, der weiß, dass es zwischen einem MusikstĂŒck im Lossless-Format und einer verlustbehaftet komprimierten Variante aus dem iTunes Store einen qualitativ feststellbaren Unterschied gibt. Das hat nichts mit Esoterik zu tun, die Distanz zur unverfĂ€lschten Originalaufnahme ist einfach da, sie mag manch einem Musikfreund grĂ¶ĂŸer oder womöglich auch lĂ€cherlich klein erscheinen, es ist jedoch nicht mehr das, was auf der CD zu hören war. MP3 & Co. sind im Bereich der Tonkonserve im VerhĂ€ltnis zur CD in etwa das, was die Fannings im Beuteltee zum hochwertigen losen Produkt darstellen. NatĂŒrlich schwindet der Unterschied zum Original ab einer Kodierung oberhalb 160 kBit/s, natĂŒrlich lĂ€sst sich vieles mit der QualitĂ€t des Kodierers wettmachen, dennoch ist die Wandlung in ein solches Format kein zweites Original mehr, es findet eine Wertminderung statt.

Gleiches gilt fĂŒr die Aufmachung. Selbst CDs werden zuweilen in liebevoll produzierten Umverpackungen ausgeliefert, bei manchen Editionen sind die TontrĂ€ger selbst eine Augenweide und sehen aus wie kleine Schallplatten aus Vinyl, sogar die bespielte Seite ist schwarz. Die Verpackungen können ihren Besitzern auch nach dem Kauf immer wieder Freude bereiten, etwa wenn diese ein liebevoll gestaltetes BĂŒchlein mit Hintergrundinformationen enthalten oder wie verkleinerte 1:1-Kopien der Erstausgaben vergangener Tage aussehen. Auch im iTunes Store erhĂ€lt der geneigte Anwender eine Version der Verpackung. Diese jedoch ist nur ein schnödes Bild vom Cover, selten mal fehlerfrei gescannt, manchmal auch so klein, dass man es hĂ€tte gleich ganz sein lassen können – besonders in Front Row fĂ€llt dies negativ auf. Auch hier wiederum eine Wertminderung, da hilft alles Schönreden nichts.

Bliebe da noch die Möglichkeit der Archivierung. Der klassische digitale TontrĂ€ger CD ist seine eigene Datensicherung. Auch bei einer Wandlung ins Lossless-Format bleibt das Original im Regal, ein Datenverlust erscheint außerordentlich unwahrscheinlich. Aus eigener Erfahrung weiß der Verfasser dieses Beitrags zu berichten, dass sĂ€mtliche CDs aus dem Jahre 1985 auch heute noch verlustfrei hörbar sind, immerhin im stolzen Alter von 22 Jahren, was man von einer LP niemals hĂ€tte sagen können. Eine im iTunes Store erworbene Datei ist ganz einfach hinfort, wurde sie einmal absichtlich oder versehentlich gelöscht. Der Verlust eines knappen Euros ist noch kein Weltuntergang, selten jedoch bleibt es bei nur einem verlorenen Musiktitel. Und wer meint, mit einer Datensicherung fein raus zu sein, der irrt. Eine einmal korrupte oder versehentlich gelöschte Datei ist womöglich lĂ€ngst in Vergessenheit geraten, fĂŒhrt man von der Festplatte eine inkrementelle Sicherung durch. Und was nicht mehr teilweise oder ganz vorhanden ist, das lĂ€sst sich auch nicht sichern. Abermals also eine Wertminderung.

Klar, eine CD kann ich absolut problemlos kopieren. Will ich, dass meine LebensgefĂ€hrtin meine Lieblings-CD auf ihrem Notebook hört, dann geht dies mit ein paar Mausklicks. Will ich das gleiche Prozedere mit einem im iTunes Store erworbenen Titel tun, dann wird mir dies verweigert. ZunĂ€chst muss ich umstĂ€ndlich besagten zusĂ€tzlichen Rechenknecht frei schalten. Handelt es sich um einen vom Arbeitgeber nur temporĂ€r bereit gestellten Computer, tue ich dies natĂŒrlich nicht. Und wieder eine Wertminderung.

Ergo ist das alles bestenfalls Wegwerfmusik. Erhalte ich eine solche Ware denn auch entsprechend billiger, wenn sie schon derart mit Nachteilen behaftet ist? Nein, sie kostet oft sogar deutlich mehr, vor allem bei Ă€lteren Titeln. Klar, Steve Jobs hat Recht, DRM muss weg, es nervt alle und nĂŒtzt niemandem. Was jedoch sagt jener Steve Jobs, der sechs Prozent von Disney besitzt, ĂŒber die Option des Wegfalls auch vom Kopierschutz fĂŒr Filme? Gerade dort nĂ€mlich verspricht zurzeit der Wahn der Rechteinhaber die Lust der hohen Auflösung zu töten.

David Andel