Fabrikdirektor

Eins, zwei, drei

Laut dem Duden- Synonymwörterbuch ist ein „Anbieter“ ganz einfach ein Unternehmer. Und die Wortalternativen für den Unternehmer reichen vom „Industriellen“ über blumige Bezeichnungen wie dem „Schlotbaron“ bis zur in unseren Gefilden eher aussterbenden und zunehmend nach China verlagerten Gattung des „Fabrikdirektors“. Ist in einer Fachzeitschrift von einem Anbieter die Rede, so kann das natürlich auch der Anbieter einer Dienstleistung sein, was mit dem Fabrikdirektor selbstredend eher wenig zu tun hat. Auch würde man Steve Jobs trotz der industriellen Fertigung vieler seiner Produkte nicht zwangsläufig als Schlotbaron bezeichnen – er ist zudem Nichtraucher.

Apple ist also ein Anbieter von Hardware, Software und auch von Dienstleistungen wie .Mac. Um die Produkte dieses Herstellers herum gibt es noch eine ganze Menge weiterer Anbieter von Hardware, Software und Dienstleistungen. Auch ist Apple selbst Kunde bei zahlreichen Unternehmen, denn wirklich herstellen im klassischen Sinn tut die Firma aus dem kalifornischen Cupertino immer weniger. „Designed by Apple in California“ findet sich auf Apple-Produkten daher auch oberhalb des eigentlichen Fertigungsortes angegeben, meistens in Asien gelegen. Im wesentlichen ist Apple jedoch eine Art Mikrokosmos, um den herum sich zahlreiche Produkte und Dienstleistungen angesammelt haben, wohingegen Apple so gut wie nicht als Anbieter von Lösungen für andere Hersteller auftritt.

Im Englischen hat sich nun eine Bezeichnung durchgesetzt, die die Beziehung von kooperierenden Unternehmen zueinander umschreibt. So ist der so genannte „Third-Party Developer“ ein Entwickler von Hard- oder Software, der nicht direkt mit dem Erzeuger eines bestimmten Produktes zusammenhängt, jedoch dazu kompatible Produkte herstellt. Das ist etwas kompliziert zu verstehen, denn wo es eine „Third Party“ gibt, müsste es doch konsequenterweise auch eine „Second Party“ und eine „First Party“ geben. Und siehe da, im US-amerikanischen Englisch ist ein „First-Party Developer“ jene Abteilung eines Herstellers, die beispielsweise Software für die eigene Hardware-Linie herstellt, wohingegen der „Second-Party Developer“ eine immer noch an das Hardware-herstellende Unternehmen angebundene, sonst jedoch eigenständige Firma ist, die speziell Software für besagte Produktlinie anbietet. Im Apple-Universum könnte das beispielsweise FileMaker sein, gäbe es besagte Datenbanken exklusiv für den Mac, was jedoch nicht der Fall ist. Also scheint es keine „Second-Party Developer“ im Apple-Universum zu geben.

Das „Großwörterbuch Deutsch-Englisch“ aus dem Hause Duden kennt gewissermaßen nur den „Dritten Mann“ (nein, nicht der Film mit Orson Welles), also die „Third Party“, was nichts anderes heißen soll als die dritte Person. Die beispielhaft angeführten Haftpflichtversicherungen haben so rein gar nichts mit der Firma Apple oder irgendwelchen Anbietern oder auch Schlotbaronen zu tun, weshalb man das als Erklärung wohl vergessen kann.

Wie übersetzt man jedoch diese „First-“, „Second-“ und „Third-Party Developer“? Am besten überhaupt nicht, denn diese unsinnige Bezeichnung hat allenfalls die eine Daseinsberechtigung, einen Sachverhalt zu verkomplizieren und keineswegs vereinfachend zu erläutern. Leider haben sich Anglizismen-Fetischisten ausgerechnet diesmal nicht durchgesetzt und so die Entstehung des Erst-, Zweit- und Drittanbieters ermöglicht, was ungefähr so klar wie der Unterschied zwischen Kosten und Unkosten ist. Der Duden kennt den Drittanbieter nicht, Google jedoch 321.000 Mal. Das Wort gibt es im Deutschen schlicht und ergreifend nicht – ebenso wenig den Zweit- und Erstanbieter. Dennoch kennt zumindest den Drittanbieter fast jeder, was ihn – Google-statistisch gesehen – im deutschen Sprachraum dreizehnmal so populär wie den Wolperdinger macht – den es ebenso wenig gibt.

David Andel