Thunderbolt-3-Stecker

Bahn frei fĂĽr den Superzwerg!

Kabel, Kabel, nichts als Kabel. Ăśberall liegen sie herum, ob zur Stromzufuhr oder zur DatenĂĽbertragung. Ist Apples neue Thunderbolt-Schnittstelle der langersehnte Ausweg aus dem Schnur-Dschungel oder einfach nur ein weiterer neuer Standard?

Wer einmal hinter einen Computer schaut, sollte sich aufs Schlimmste gefasst machen. Eine Unmenge von Kabeln versaut jegliche Design-Ästhetik und Berge von Staub fühlen sich inmitten dieser Strippen so wohl wie das Dressing im Salat. Verträgt sich das mit der futuristischen Vision, die wir einst hatten? Sieht man solche Kabelberge jemals in Science-Fiction-Klassikern wie Kubricks „2001 – Odyssee im Weltraum“ oder stolperte Captain Kirk irgendwann einmal über ein USB-Kabel, als er sich gegen einen aggressiven Romulaner verteidigen musste? Nein, denn über Kabel spricht man nicht. Sie sind so etwas wie die Abwasserkanäle der Informationstechnologie – man braucht sie, möchte sie aber am liebsten nicht erwähnen, geschweigedenn auch nur zu Gesicht bekommen.

Und wieso ĂĽberträgt man nicht einfach alles per Funk? Klar, drahtloses Internet ist kein Problem, doch hängen die Ăśbertragungsgeräte fĂĽr das gewonnene StĂĽck Unabhängigkeit wiederum am Stromnetz, oft per Kabel. Und ist es mal kein Kabel, so sind es eben Batterien, die mit einem Gerät geladen werden mĂĽssen, das wiederum ein Kabel hat. Und es gibt wirklich endlos viele unterschiedliche Anschlussstandards, ganz so, als wären Kabel das Schönste von der Welt. DVI (verschiedene Versionen), Ethernet (verschiedene Versionen), FireWire (verschiedene Versionen), USB (verschiedene Versionen), SP/DIF (verschiedene Versionen) usw. usf. Wieso also keinen neuen Standard schaffen, dachte sich da wohl Apple – und schon gab es Thunderbolt.

Der von Intel erdachte neue Kabelstandard hat es aber in sich. Zunächst einmal ist er rein theoretisch kein Kabel mehr nur für bestimmte Einsatzzwecke, sondern dazu gedacht, in lediglich einer Anschlussform so gut wie alles unterzubringen. Damit wird er es Apple künftig erlauben, seine tragbaren Geräte derart zu verkleinern, dass der Platz für zahlreiche unterschiedliche Anschlüsse nicht mehr nötig ist. Gerademal ein Anschluss dient vielen unterschiedlichen Geräten, bis zu sechs Stück können in Reihe geschaltet werden. Vorhandene Peripheriegeräte schließt man einfach per Adapter an, denn Thunderbolt (zu Deutsch Biltzschlag) versteht fast alles. So kann ein Computer eines Tages so klein wie der Mac mini sein, dennoch aber so leistungsfähig wie ein heutiger Mac Pro. Dazu müssen nur all jene Komponenten ausgelagert werden, die übermäßig viel Platz verbrauchen, beispielsweise Festplatten und optische Laufwerke. Übrig bleiben das Motherboard mit dem Hauptprozessor, der Grafikkarte und dem Hauptspeicher – alles andere ließe sich per Thunderbolt anschließen, dessen theoretische Geschwindigkeit deutlich oberhalb von Serial ATA angesiedelt ist, wobei pro Anschluss sogar zwei getrennte Datenkanäle zur Verfügung stehen.

Man stelle sich vor, ein Mac mini mit Thunderbolt-Anschluss könnte kleiner als bisher sein, dennoch aber über eine Festplattenkapazität von 18 Terabyte verfügen, im externen RAID-Gehäuse allerdings. Besonders beeindruckend: die Zugriffsgeschwindigkeit ist dabei nicht niedriger als bei intern angeschlossenen Festplatten, so wie im Mac Pro beispielsweise. Und nur noch zwei Kabel sind dazu nötig, eines für Thunderbolt und eines für den Stromanschluss. Besagter Mac mini verfügt natürlich über eine drahtlose Bluetooth-Tastatur sowie ein drahtloses Magic Trackpad oder eine drahtlose Magic Mouse. Das Time-Machine-Backup erfolgt ebenfalls drahtlos auf eine Time Capsule, so dass die Festplatten alleine für eine opulente Medienbibliothek zur Verfügung stünden, auf die auch ein drahtlos angebundenes EyeTV Netstream TV-Sendungen aufnimmt – traumhaft.

Und in der Tat schwinden damit die Vorteile eines voluminösen Mac Pro nicht unerheblich. Noch gibt es zwar keinen leistungsfähigen Superzwerg mit acht oder mehr Prozessoren, aber wer weiß schon, was kommt. Apples Thunderbolt-Schnittstelle ist jedenfalls weit mehr als nur FireWire, USB, Mini Display Port & Co. und emanzipiert unsere Rechenknechte von ihren Einbauschächten.

David Andel