Apple-Logo ohne Blatt

Abschied auf Raten

FĂŒr einen Konzern der GrĂ¶ĂŸe Apples bleibt unfassbar, dass dessen Zukunft von nur einer Person abhĂ€ngt. Als Ex-Pepsi-Marketingchef John Sculley jedoch eine zwölfjĂ€hrige Verbannung von Steve Jobs aus dem Unternehmen auslöste, war Apple zunehmend Schatten seiner selbst und geriet langsam aber sicher an den Rand des Abgrunds. So dramatisch es klingt, doch ohne Jobs oder einen von ihm sorgfĂ€ltig aufgebauten Nachfolger scheint Apple keine große Zukunft zu haben.

Apple-Ereignisse des Jahres 2004 waren nicht der iMac G5, der iPod photo, AirPort Express oder GarageBand. Es waren auch nicht die zahlreichen verheißungsvollen Aussichten auf Mac OS X 10.4 Tiger. Nein, es war die Erkrankung des Steve Jobs. Schmerzvoll wurde einem bewusst, dass der Apple-MitbegrĂŒnder und nach seinem NeXT-Exil 1997 in den heimatlichen Hafen Cupertino zurĂŒckgekehrte messianische Erretter Apples nĂ€mlich nur ein Mensch ist. Ein Mensch zwar, der ausgerechnet eine der seltensten harmlosen Varianten einer der schlimmsten und sonst garantiert tödlichen Erkrankungen hatte, dennoch aber war es ein Besuch vom Todesboten Krebs, der unĂŒberhörbar bei Jobs im Juli an die TĂŒr klopfte und nur der Beginn einer bislang siebenjĂ€hrigen gesundheitlichen Leidensphase sein sollte.

Steve Jobs wird oft als idealer Firmenchef beschrieben. Einer, der akribische, kreative und visionĂ€re Charaktereigenschaften in seiner Person vereint und gewinnbringend einzusetzen weiß, der an eigene EinschĂ€tzungen glaubt und daran auch bis zur endgĂŒltigen Umsetzung festhĂ€lt, der sich vorgenommen hat, neue und großartige Dinge zu schaffen, auch wenn das nicht immer auf Anhieb klappt, auch wenn er schon das totale Scheitern hinnehmen musste. Jobs ist nicht nur dazu in der Lage, seine Mitstreiter zu begeistern und sie dazu zu bewegen, bis zur Grenze des physisch möglichen nur an dem einen Projekt zu arbeiten, damit es genau zu einem bestimmten Zeitpunkt verfĂŒgbar ist. Jobs beherrscht mittlerweile auch die Beeinflussung des Massenmarktes, und hat damit zu einer realen Verbesserung der Produktwelt beigetragen. Das iPhone löste eine zuvor schwer vorstellbare Kommunikationsrevolution aus und das iPad ersparte einem nicht nur die EingeschrĂ€nktheit von Kindle & Co., sondern reduzierte auch noch den Mac so auf den Kern seiner Talente, dass diesen fast jeder bezahlen und bedienen konnte.

Zeitgenossen, die Jobs kennen oder begegneten, bezeichnen ihn nicht selten als gnadenlos und jĂ€hzornig, ungeduldig und unnachgiebig. Zweifellos gehört auch zu den Eigenschaften des als Findelkind eines PalĂ€stinensers in unsere Welt geworfenen Jobs sein zwar nicht absonderlicher, doch aber ausgesprochen nonkonformistischer Lebensstil, der ebenso wie die Produktlinie Apples modern-minimalistisch sein soll. Zu Unrecht entsteht so ein Bild wie das von Howard Hughes, einem Unternehmenslenker mit Marotten also, ĂŒber den man stets lĂ€stert, solange man ihm nur nicht begegnet.

Auch wenn Steve Jobs mutmaßlich kreativer, visionĂ€rer, weitblickender oder auch nur sympathischer sein dĂŒrfte als vielleicht jene öffentlich abschreckenderen Beispiele vom Schlage eines Ballmer, Dell, Ellison oder Zuckerberg, sollte doch allmĂ€hlich klar werden, dass die ĂŒblichen Hierarchien innerhalb von Unternehmen auch gravierende Nachteile haben, die ihren diktatorischen Pendants in der Weltpolitik in vielerlei Hinsicht gefĂ€hrlich Ă€hnlich werden können. Da steht und fĂ€llt ein nur mit einem Namen in Verbindung gebrachtes Unternehmen wie Apple genau mit dieser einen Person, denn wer wird oder wer kann ĂŒberhaupt jemals auf jemanden wie Steve Jobs folgen, wenn Jobs diesbezĂŒglich absolut nichts unternimmt?

Nach der Diagnose BauchspeicheldrĂŒsenkrebs im Jahr 2004 folgten eine Lebertransplantation 2009 und schließlich damit verbundene Probleme des Immunsystems 2010. Auch wenn so wenig wie möglich an die Öffentlichkeit dringen soll, kann doch kaum etwas verheimlicht werden, denn Steve Jobs ist einfach die fĂŒr alle sichtbare Seite des Konzerns. WĂ€hrend seiner Auftritte wirkt er abgemagert, manchmal auch mĂŒde und unkonzentriert, dennoch investiert er scheinbar all seine Kraft ins Unternehmen, obgleich sein Gesundheitszustand Vorrang haben sollte. Aktiengesellschaften sind nunmal keine GeheimbĂŒnde und Basis auch privater Altersvorsorgen außerhalb von Apple. Es erscheint daher sinnlos, diesen fortwĂ€hrenden physischen Kampf beschönigen oder verbergen zu wollen und ist an der Zeit, einen Nachfolger aufzubauen, auch wenn dieser niemals die QualitĂ€t eines Steve Jobs erreichen wird.

David Andel